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25.10.2010 - Die Deutschen Feldmeisterschaften 2010 der Jugend sind Geschichte. Die sechs begehrten blauen Meisterwimpel des Deutschen Hockey-Bundes wurden gestern an Zehlendorfer Wespen (Weibliche Jugend A), DHC Hannover (WJB; Foto oben), UHC Hamburg (Mädchen A), Gladbacher HTC (Männliche Jugend A), Dürkheimer HC (MJB) und Berliner HC (Knaben A) verteilt. Die Redaktion von hockey.de hat die DHB-Spielbeobachter nach ihren Eindrücken und Erkenntnissen von den sechs DM-Endrunden befragt. Dabei gab es neben viel Lob auch manch kritische Anmerkung.
Für Anja Mülders als Beobachterin der Weiblichen Jugend A spielte eine große Rolle, welche der vier Endrundenteams auf ihre Bundesliga-erfahrenen Kräfte zurückgreifen konnten und welche nicht. Denn da gab es schon ziemliche Unterschiede. Die beiden Berliner Vertreter Zehlendorf und Lichterfelde profitierten davon, dass ihre Clubs am Wochenende keine Bundesligaspiele in der 1. Liga (TuSLi) oder 2. Liga (Wespen) hatten und somit die U18 komplett spielen konnte. Davon konnten Rüsselsheim und Neuss nur träumen. „Alleine der RRK hatte fünf Leistungsträgerinnen seiner WJA wegen der Bundesliga nicht bei der Endrunde dabei. Mit einer ganz jungen Mannschaft schlug sich der RRK dafür aber wirklich achtbar“, so Anja Mülders. Im „recht flotten Endspiel“ (Mülders) setzte sich Gastgeber Zehlendorf trotz des Umwegs über die Verlängerung letztlich verdient gegen Lichterfelde durch. „Mit Josi Boesser und der noch B-Jugendlichen Charlotte Stapenhorst besaßen die Wespen einfach die pfiffigsten Stürmerinnen“, beobachtete Anja Mülders, die einen weiteren Vorteil auf Seite des Meisters in deren Eingespieltheit sah. „Bei den Wespen waren es immerhin neun U18-Spielerinnen, die zusammen im Zweitligateam trainieren und spielen, bei TuSLi dagegen nur vier.“ Die Einzelpreise vergab Mülders an Johanna Sieger (ZW; beste Torhüterin), Viola Scharf (TuSLi; beste Abwehrspielerin), Lena Langer (TuSLi; beste Mittelfeldspielerin) und Charlotte Stapenhorst (ZW; beste Angreiferin). Neue Kandidatinnen für Nationalmannschaftsniveau sah die Beobachterin bei der Endrunde nicht.
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Sie bekamen die Sonderpreise bei der WJA-Endrunde in Berlin: Johanna Sieger, Viola Scharf, Lena Langer und Charlotte Stapenhorst (von links).
Trotz am Sonntag katastrophalen Wetters sah Marc Herbert bei der Weiblichen Jugend B ein „ordentliches Niveau, das man ja bei Sturm und starkem Regen eigentlich gar nicht so erwarten kann.“ Vielen Spielerinnen habe man, so der Chefbundestrainer für den weiblichen Nachwuchs, die Nervosität einer erstmaligen Endrundenteilnahme angemerkt. Doch als dies sich dann gelegt habe, seien erfreuliches Spieltempo und Leidenschaft zu sehen gewesen. Die Halbfinalverlierer UHC Hamburg (Herbert: „Die haben halt aus ihren vielen Ecken nichts gemacht“) und Berliner HC („da ist die erste Halbzeit verschlafen worden“) sah Marc Herbert „nicht weit“ hinter den beiden Finalisten Hannover und Mannheim. Den Meistertitel habe der DHC dann vor allem einer „herausragenden zweiten Halbzeit im Finale“ zu verdanken, wo die Gastgeberinnen nach einem 0:1-Pausenrückstand „sensationell ins Spiel zurückgekommen sind“. Der MHC konnte dann vor allem gegen die Strafecken von Laura Saenger nichts mehr ausrichten. „Für ihr Alter schießt Laura wirklich sensationelle Ecken“, lobte Herbert die lang gewachsene Schützin des DHC, die in Augen des Bundestrainers „gute Hebel, aber auch viel Talent“ für den gezogenen Eckenschlenzer besitzt. Doch es war nicht allein Laura Saenger. „Der DHC hat insgesamt die stabilste Leistung und die größte Leidenschaft gezeigt und ist deshalb ein verdienter Meister“, so Marc Herbert, der vier Sonderpreise an TW Melina Musolf (DHC), Laura Saenger (DHC), Cecile Pieper (MHC) und Mieketine Hayn (BHC) verteilte. Einen Eintrag ins berühmte Bundestrainer-Notizbuch verdienten sich die bislang noch nicht gesichteten Annelotte Ziehm (DHC; Mittelfeld) und Torhüterin Tamara Slosarek (BHC; Torhüterin).
Markku Slawyk, neue Bundestrainer der Weiblichen U16, war bei den Mädchen A auf der Uhlenhorst-Anlage und gab folgendes Statement ab: „Das Niveau der Mädchen-Endrunde war gut und lässt für die Zukunft bei den Jahrgängen 1996 und 1997 hoffen! Die eindeutig stärkste und reifste Mannschaft der Endrunde, die Mädchen des UHC, hat sich den Deutschen Meistertitel verdient „erspielt“! Dies zeigen die eindeutigen Ergebnisse, vor heimischen Publikum legten die UHC-Mädels in jedem Spiel von Beginn stark los, gingen frühzeitig in den Spielen in Führung und waren bei dieser Endrunde den anderen Mannschaften überlegen. Der Düsseldorfer HC erwischte einen sehr starken erste Tag und gewann sein Halbfinale für mich überraschend deutlich gegen den Großflottbeker THGC. Die TG Frankenthal hatte einige gute und ambitionierte Spielerinnen des jüngeren Jahrgangs dabei, die im nächsten Jahr eine gute Rolle bei den Deutschen Meisterschaften spielen können.“ Individuelle Preise wurden bei der MA-Endrunde nicht vergeben.
Zu einer westdeutschen Meisterschaft mit Berliner Tupfer wurde die DM-Endrunde der Männlichen Jugend A in Essen. Dank dreier beteiligter Teams aus dem WHV „war der äußere Rahmen mit vielen Zuschauern und einer stimmigen Organisation top“, wie Beobachter Alexander Feustel feststellte. Sportlich fiel das Fazit Feustels nicht ganz so positiv aus. „In den beiden nicht hochklassigen Halbfinals war viel Stückwerk dabei. Das Spiel um Platz 3 wurde von beiden Seiten nicht mehr konzentriert geführt und passte von Seiten des BHC zu dessen ganz schwarzem Wochenende. Das Finale dagegen war sehr gut“, so Alexander Feustel. Dass sich der Gladbacher HTC letztlich gegen die am Samstag beste Mannschaft, ETUF Essen, durchsetzen konnte, hatte für den Beobachter mehrere Gründe: „Mit Florian Adrians besaß der GHTC den überragenden Denker und Lenker von hinten heraus, und Florian Jansen zeigte sich als guter Eckenschütze. Doch entscheidend war, dass der GHTC als verschworene Gemeinschaft aufgetreten ist, die sich in kritischen Situationen als psychisch konstant zeigte und zudem über etwas mehr Erfahrung verfügte.“ Die Sonderpreise vergab Feustel an Vincent Marx (ETUF; bester Torwart), Florian Adrians (GHTC), Frederik Schank (ETUF) und Niklas Rieger (Mülheim). Lobend äußerte sich der DHB-Beobachter über die Schiedsrichterleistungen: „Die waren nach meiner neutralen Ansicht wirklich gut. Da gab es in allen vier Spielen nur ganz wenige Fehler, die Trainer oder Spieler hätten beklagen können.“
Bei der Männlichen Jugend B in Bad Dürkheim wurde Marc Haller vom gebotenen Niveau der vier Endrundenteilnehmer nicht gerade überwältigt. Eine Leistungsschau der stärksten deutschen 94er-Jahrgangsspieler war es eher nicht. „Die Kaderspieler hier sind auf viele Vereine gestreut und konnten deshalb ja auch gar nicht in großer Anzahl bei der Endrunde vertreten sein“, so Haller. Dass der vom Verlauf mit Golden Goal in der Verlängerung des Endspiels sicher glückliche Sieg der gastgebenden Dürkheimer Mannschaft letztlich doch verdient war, begründet der neue U16-Bundestrainer wie folgt: „Der DHC hat aus seinen Möglichkeiten das Maximale herausgeholt. Spielerisch war es eher einfache Kost, aber dafür sehr wirkungsvoll. Am Ende haben auch die mannschaftliche Geschlossenheit und die sprichwörtlichen Pfälzer Tugenden wie Kampfkraft und Willensstärke den Ausschlag gegeben.“ Die individuellen Preise vergab Haller an Thomas Morrice (UHC Hamburg; bester Torwart), Ferdinand Weinke (SC Charlottenburg; bester Abwehrspieler), Nils Grünenwald (Dürkheimer HC; bester Mittelfeldspieler) und Christian Schmiedel (Uhlenhorst Mülheim; bester Stürmer). Neben aus Sichtungen, Lehrgängen und Länderspielen bekannten Spielern drängte sich in Hallers Augen vor allem Till Brock (Mülheim) für eine Chance in einem DHB-Kader auf.
„Die Endplatzierungen gehen völlig in Ordnung“, sagt Jamilon Mülders über den Ausgang der Endrunde der Knaben A. Mit dem Berliner HC sei die „ausgeglichenste und am breitesten besetzte Mannschaft mit der besten Ecke“ verdient Deutscher Meister geworden. Allerdings benötigte der BHC im Halbfinale „eine große Portion Glück und Willensstärke“, um den Düsseldorfer HC nach 1:3-Rückstand noch auszuschalten. Das Finale sei dann klarer zugunsten des Endrundengastgebers verlaufen, trotzdem hat Finalist DHC Hannover „mir sehr gut gefallen“ (Mülders). Das galt vor allem für Max Godau, der sich durch gute Mittelfeldleistungen den „bewusst bis nach der DM-Endrunde offen gehaltenen letzten Platz bei der DHB-Zentralsichtung“ verdiente. Als zu unausgeglichen beurteilte Mülders das Team des TSV Mannheim („Im Prinzip eine Drei-Mann-Veranstaltung“). Insgesamt seien in den Jahrgängen 1996 und 97 wieder „viele gute Jungs dabei“, die den Chefbundestrainer für den männlichen Nachwuchs hoffnungsvoll für die Zukunft stimmen. Die Sonderpreise gingen an Kilian Potthoff (Düsseldorf; bester Torwart), Tim Strüven (BHC; Defensive), Max Godau (Hannover; Mittelfeld) und Niklas Weiher (Mannheim; Angriff).
Drei deutliche Kritikpunkte wollte Jamilon Mülders nicht auslassen. „Verteidigen ist bei den Jungs in diesem Alter offenbar völlig uncool“, so der Bundestrainer über die vernachlässigte Kunst des guten Defensivspiels. Noch schwächer war in seinen Augen der Auftritt der Torhüter. „Man muss es einfach mal in dieser Deutlichkeit sagen: Das Torwart-Niveau bei den DM-Endrunden 2010 in allen drei männlichen Altersklassen war katastrophal“, meinte Mülders nach seinen eigenen Eindrücken bei den Knaben und der Rücksprache mit den anderen Beobachtern in Essen und Dürkheim. Und schließlich noch die Schiedsrichter, die bei den vier Spielen der Knaben-Endrunde mehr als ein Dutzend Gelbe Karten verhängten. „Dabei habe ich ein sehr gutes Auftreten aller Spieler gesehen. Dieses Verhalten ist erst durch eine Pfeifleistung gekippt, die in meinen Augen einfach nicht endrundentauglich war. Da war fachlich sicher vieles okay, aber insgesamt fehlte einfach das Fingerspitzengefühl. “
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