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Koreanische Medaillenträume

Über das bislang beste Team des olympischen Qualifiers

Foto: Geiger

Was für die deutschen Hockeyherren „Manchester“ bedeutet, ist für die koreanischen Hockeyfrauen „Asian Games 2006“: Im Spiel um Platz drei verloren sie dort als Favoriten gegen die tapfer verteidigenden Inderinnen mit 1:0, obwohl sie das eindeutig bessere Team waren, nur ihre unendlich vielen Torchancen nicht nutzen konnten. Ein Schicksalsspiel, das auch Mi Hyun Park, Koreas Top-Stürmerin, nicht so schnell vergessen kann: „Wenn wir nur noch einmal in die Vergangenheit zurückreisen könnten, ich weiß genau, wir würden Indien schlagen!“

Im Gegensatz zum deutschen Team hatte diese Niederlage auch große personale Konsequenzen: Außer Mi Hyun Park spielen nur noch vier weitere Spielerinnen von damals in der aktuellen koreanischen Mannschaft, die beim Qualifier in Victoria auf Wiedergutmachung aus ist. Der ehemalige U21-Nationaltrainer und derzeitige Assistenztrainer des A-Kaders brachte fast sein komplettes Juniorinnenteam mit zur Nationalmannschaft, die dementsprechend jung und international noch eher unerfahren ist.

Obwohl gerade einmal 22-jährig spielt Mi Hyun Park schon seit vier Jahren im A-Kader und ist nicht nur in dieser Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung: Mit ihrer enormen

Mi Hyun Park in Aktion. Foto: Geiger

Schnelligkeit und Wendigkeit wirbelt sie die gegnerischen Verteidigungsreihen regelmäßig durcheinander und versprüht auch sonst eine große Lebendigkeit und absolute Hockeyleidenschaft. Zusammen mit ihrer Torgefährlichkeit – auch in Victoria führt sie mit sechs Treffern bereits nach vier Spieltagen allein die Torschützenliste an – brachten ihr diese Eigenschaften den Titel WorldHockey Young Player of the Year 2006 sowie einen Platz im All Star Team der Jahre 2006 und 2007 ein.

Mit der bisherigen Leistung ihres Teams in Victoria sei sie sehr zufrieden, meint Mi Hyun Park, „aber für uns zählt einzig und allein der Turniersieg, wofür wir einfach alles geben werden.“ Dass sie nach vier Siegen, 25 geschossenen und nur einem kassierten Tor aber auch wirklich alle Karten in ihrer Hand haben, wissen die Koreanerinnen selbst und sagen es auch laut: „Wir sind das beste Team und werden auch gewinnen“, und so blickt die Stürmerin auch schon voller Ehrgeiz auf die Olympischen Spiele: „Unser und auch mein persönliches großes Ziel ist allein eine Medaille bei den Spielen, was natürlich hart wird gegen so gute Mannschaften wie Niederlande oder Deutschland.“

Neugierig frage ich sie, ob sie selbst auch gerne einmal in Europa spielen würde, und bekomme eine eindeutige Antwort: Sie würde alles dafür geben, in Deutschland Hockey zu spielen. Zusammen mit dem freundlichen Übersetzer spekuliere ich, dass es wohl kein Zuckerschlecken sein kann, in Korea Hockey zu spielen, da es nicht zu einem der drei großen populären Sportarten des Landes gehört (Fußball, Basketball und Baseball) und dementsprechend wenig Unterstützung findet. Spielt man einmal für das Nationalteam, macht man sonst nichts anderes, hat also auch keinen Beruf oder sonstige weiterführende Bildung erhalten.

Um so verständlicher wird es, wenn Mi Hyun Park sagt, dass Hockey ihr Leben sei. „Wenn ich noch einmal geboren werde, würde ich wieder mit dem Hockeyspielen beginnen.“ Und wen erwartet sie als Gegner im Finalspiel am Sonntag? „Sowohl Irland als auch Italien sind gute Mannschaften, aber ich persönlich glaube, dass es Italien ins Finale schaffen wird, weil sie einfach aggressiver sind.“ Zwar müssen die Koreanerinnen dann auf ihre Torhüterin und Kapitänin Ju Young Lim verzichten, die nach dem Irlandspiel wegen einer Tätlichkeit für die kommenden fünf Begegnungen gesperrt ist. Doch was und wer auch immer da kommen mag, so einfach lassen sich die Koreanerinnen ihrer Traum von einer olympischen Medaille nicht zerstören.

Charlotte Geiger

 
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