Sonne über Victoria
Charlotte Geigers letzter Beitrag von ihrer Hockey-Weltreise
Mit einem sicher erwarteten, jedoch beeindruckend klaren koreanischen Sieg endete heute nicht nur der letzte der sechs olympischen Hockey-Qualifier, sondern auch meine persönliche „Hockeytour around the world“. Und es war ein wirklich schöner Abschluss: An einem herrlichen Sonnentag traten zunächst Malaysia und Uruguay im Match um Platz fünf gegeneinander an und lieferten sich ein packendes Duell. Bis zum uruguayischen Ausgleichstor hatten die Malaysier das Spiel in der Hand, doch mit ihrem allerersten Tor des Turniers gewannen die Uruguayer an Selbstbewusstsein und Spielfreude.
Es kam zur Verlängerung und Siebenmeter-Schießen, das die Malaysier letzten Endes für sich entscheiden konnten, aber auch ihre Gegner konnten sich über einen gelungenen Turnierabschluss freuen. Nach turbulenten Geschehnissen im uruguayischen Hockeyverband mussten sie in kürzester Zeit ein neues Team mit nicht weniger als zehn Juniorinnen aus dem Boden stampfen – mit dem Trainer hatten solidarisch nämlich fast alle erfahrenen Spieler die Nationalmannschaft ein paar Monate zuvor verlassen. Von daher: Chapeau!
Im Anschluss boten sich Kanada und die von gestern noch unglaublich enttäuschten Irinnen einen ansehnlichen Kampf um Platz drei, den die Europäerinnen letztlich verdient für sich entschieden. Ihr Trainer Gene Muller sprach im Nachhinein sogar von der „besten Leistung“ seines Teams während des Turniers und zollte der Charakterstärke seiner Spielerinnen, die nach der gestrigen Niederlage gegen Italien am Boden zerstört waren, seinen größten Respekt. Auch die Kanadierinnen vergossen bittere Tränen nach der Begegnung, denn der dritte Platz vor ihrem frenetisch anfeuernden heimischen Publikum hätte ihnen viel bedeutet. So hatte man am Schluss das Gefühl, das dieses Spiel keinen wirklichen Sieger hatte.
Ganz im Gegensatz zum Finalspiel, in dem Korea sich höchst verdient das letzte Peking-Ticket sicherte. Die Italienerinnen beeindruckten zwar wieder durch inbrünstiges Schmettern ihrer Nationalhymne, doch all ihre Hoffnungen wurden bereits in den ersten 15 Minuten des Spiels durch vier koreanische Tore jäh zerstört. Erst in der zweiten Halbzeit nahmen die wieselflinken, kraftvollen und technisch herausragenden Koreanerinnen den Fuß vom Gas und ließen die Italienerinnen ein wenig am Spiel teilnehmen, die jedoch nie gefährlich werden konnten.
Mit solchem Powerhockey darf sich der koreanische Trainer, der nach Ute Conens Schlusspfiff von seinen Damen mehrmals in die Luft geworfen wurde, tatsächlich Hoffnungen auf weitere olympische Erfolge machen. So ging ein hervorragend organisiertes Turnier zu Ende – alle Mannschaften lobten die Gastfreundschaft der Kanadier und überhaupt das gesamte Event. Ich frage mich immer noch, ob die Herzlichkeit des Turniers etwas mit der weiblichen Spielerschaft zu tun hat?
Nach den vier Qualifikationsturnieren stelle ich gerne Vergleiche an und habe mindestens genauso viel über den Hockeysport wie über die Familie gelernt, die ihn überall auf der Welt zusammenhält. Ich habe erfahren, dass der Sport genau klein und groß genug ist, um menschen- und völkerverbindend zu sein. Und daneben scheinen die Qualifier den olympischen Gedanken fast mehr zu verkörpern als das eigentliche Ereignis in Peking, auch wenn sie den Favoriten manchmal ein Dorn im Auge sind. Ich werde die Hockeyleidenschaft und -freude mit all ihren Trägern – von Spielern, Trainern, Organisatoren bis zu Journalisten und Fans – vermissen. Es war mir eine Ehre, dabei sein zu dürfen.
Charlotte Geiger
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