Smile for me, Argentina!
Über klassische Schönheit und neuseeländische Eifersucht
Schönheit ist ja bekanntlich Geschmackssache, dennoch muss es – im Sinne klassischer Schönheit – auch so etwas wie einen universellen Geschmack geben. Ein Volk, das diesen Allgemeingeschmack ziemlich genau trifft, sind wohl die hübschen Argentinier. Wenn sie dazu noch im 18er-Pack als braungebrannte und durchtrainierte Hockeymannschaft auftreten, können sie sich ihrer weiblichen Aufmerksamkeit ziemlich sicher sein, egal wo auf der Welt sie sich gerade befinden.
So auch in Takapuna, dem kleinen neuseeländischen Städtchen zwischen Auckland und dem Hockeystadium, in dem die Mannschaften für die Zeit des Qualifikationsturniers untergebracht sind. Schlendern sie in ihren ärmellosen Trainingsshirts die Einkaufsstraße entlang, haben ihre (durchaus nicht unattraktiven) neuseeländischen Pendants auf einen Schlag schlechte Karten. Vor ein paar Tagen beobachtete ich ein recht umsichtiges Exemplar von ihnen dabei, wie er, nachdem er die nahende argentinische Gefahr erkannte, den Kopf seiner Freundin in seine Hände nahm und behutsam aber doch bestimmt in seine Richtung drehte. Netter Versuch!
Um die neuseeländischen Männer nun auch vollends in die Verzweiflung zu stürzen, spielen die schönen Südamerikaner dazu ein ziemlich attraktives Hockey. Ihre Ballsicherheit, das wahnsinnige Tempo, in dem sie die Gegner schwindelig tanzen, und ihr Kombinationsspiel sind wirklich nett anzuschauen und, so leid es mir für die Neuseeländer tut, einfach schön. “Black Sticks”-Coach Shane McLeod drückte das nach dem gestrigen Favoritenduell etwas nüchterner aus: “Wir hatten große Schwierigkeiten damit, uns nach den vorherigen Begegnungen auf das schnelle argentinische Spiel umzustellen. Sie übten einen unglaublichen Druck auf die einzelnen Spieler aus, das ist ihre große Stärke.” Der neben ihm sitzende argentinische Trainer Sergio Vigil schmunzelte da nur: “Es war wirklich eine gute Performance meiner Mannschaft.”
Sein Schützling Lucas Vila ist sich wie der Trainer aber dessen bewusst, dass die Begegnung der beiden Teams in einem möglichen Finale am Sonntag ganz anders ausgehen koennte. “Wir haben so etwas ja bei den Pan American Games letztes Jahr erlebt, als wir das Finale im Siebenmeterschießen gegen Kanada verloren haben und wie die Deutschen deshalb überhaupt nur zum Qualifier fahren mussten.” Der 21-jährige Lucas, bester Spieler der vergangenen Junioren-Weltmeisterschaft, bei der die Argentinier den Titel gewannen, hat auch beim Turnier in Neuseeland Chancen auf einen Titel, und zwar als bester Torschütze.
Wie Frankreichs Frédéric Soyez erzielte er bereits sieben Treffer in vier Spielen, doch der irländische Eckenschütze Mark Gleghorne ist den beiden gestern mit inzwischen neun Toren davongezogen. Ein Ansporn für den jüngsten der drei Vila-Brüder, der 2005 in Deutschland beim HTHC spielte, aber nicht das Wichtigste: “Mir ist schon lieber, mich bei Olympia in die Torschützenliste einzutragen – der Gewinn des Qualifiers hat absolut Priorität.” Auch der, natürlich gutaussehende, Lucas ist sich ziemlich darüber im Klaren: Bei aller (Hockey-)Schönheit zählt am Ende leider nur der Sieg.
Charlotte Geiger
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