Jugendhockey

„Tote Bälle“ an der Bande sorgen für Stillstand und Verdruss

Nachlese zu den Deutschen Hallenmeisterschaften im weiblichen Nachwuchsbereich

 

25.02.2013 - Mit vielen Eindrücken sind nicht nur die Mannschaften und Zuschauer wieder nach Hause gegangen, sondern vor allem auch die offiziellen Beobachter der Deutschen Hallenmeisterschaften im weiblichen Nachwuchsbereich. Wie das Fazit von Marc Herbert (bei der DM der Weiblichen Jugend A in Freiberg), Akim Bouchouchi (bei der Weiblichen Jugend B in Gernsbach) und Markku Slawyk (bei den Mädchen A in Bad Kreuznach) ausfällt, haben wir nachstehend aufgeschrieben. Eine mehr spiel- und regeltechnische Sorge treibt alle drei Bundestrainer um.

Weibliche JA: Der Meister spielte erst am Ende meisterlich

Den Deutschen Meister der Weiblichen Jugend A, Berliner HC, sah U21-Bundestrainer Marc Herbert durch die Gruppenphase „rumpeln und durchwursteln“. Die mit einer 3:4-Niederlage gegen den späteren Finalgegner DHC Hannover gestarteten Berlinerinnen hätten sich laut Herbert von allen Teams dann „am meisten gesteigert“ und im Finale ihr „bestes Turnierspiel“ gemacht. Neben einer taktischen Umstellung des BHC im Vergleich zum Auftaktspiel sei das „auf Messers Schneide stehende Finale“ (Herbert) letztlich durch die Torhüterleistungen entschieden worden. BHC-Keeperin Tamara Slosarek stach ihre DHC-Kollegin Melina Musolf (Herbert: „Sie hatte leider ein für ihre Verhältnisse schwaches Wochenende erwischt“) aus. Den Triumph der Nord-Ost-Vertreter, die die ersten drei Plätze für sich verbuchen konnten, machte Eintracht Braunschweig als verdienter Dritter komplett. „Die Eintracht hat strategisch stark gespielt und mit Nolting/Cobano ein eingespieltes, gefährliches Sturmduo“, lobte der Bundestrainer. Titelverteidiger Mannheim sowie Mülheim hätten trotz aller sichtlichen Qualitäten nicht die Konstanz und Tiefe im Kader gehabt, um diesmal ganz oben zu landen. Marc Herbert: „Da mussten einige Leistungsträgerinnen fast durchspielen. Aber irgendwann ist auch mal der stärkste Akku an einem DM-Wochenende leer.“  
Insgesamt stellte der Beobachter ein „durchwachsenes DM-Niveau“ fest: „Da wechselten sich gute und schwächere Spiele ab. Es gab sicherlich schon einmal bessere Endrunden, wenngleich solch ein Vergleich immer schwer und problematisch ist.“

In das Allstar-Team (Foto) nominierte der Bundestrainer Torhüterin Tamara Slosarek (BHC) und die Feldspielerinnen Viktoria Huse, Laura Saenger (beide DHC), Cécile Pieper (MHC), Jana Gonnermann (BHC) und Hanna Cobano (EB). In dieser imaginären Turnierauswahl hätte sich Marc Herbert auch Pia Lhotak (Mülheim), Emma Nolting, Lea Albrecht (beide EB), Malin Stiebitz (DHC), Stefanie Wendt und Mieketine Hayn (beide BHC) vorstellen können. In Augen des Beobachters habe es bei den eingesetzten Schiedsrichtern nach „durchweg sehr gutem ersten Tag“ am Sonntag ein paar Schwankungen gegeben, allerdings ohne groß Einfluss auf den Turnierverlauf zu nehmen.
Bei Gastgeber Freiberger HTC haben sich „alle wohlgefühlt“, so Marc Herbert, der bei der „sehr professionellen Ausrichtung“ vor allem die gute Halle und den „tollen Hallensprecher“ hervorhob.

Weibliche JB: Die größte mannschaftliche Geschlossenheit setzte sich durch

Von einer „sehr guten“ Endrunde der Weiblichen Jugend B in Gernsbach berichtete Akim Bouchouchi. Der U18-Bundestrainer lobte dabei insbesondere das hohe Tempo der meisten DM-Spiele, gespickt mit vielen guten Offensivaktionen, da sich keine Mannschaft ausschließlich hinten reingestellt hätte. „Aber das Niveau beim Verteidigen empfand ich als nicht gut ausgeprägt“, hatte der Beobachter dann doch einen Kritikpunkt. Ausnehmen wollte Bouchouchi hier eigentlich nur die Stuttgarter Kickers, die individuell wie mannschaftlich die besten Defensivleistungen gezeigt hätten.
Das leistungsmäßig „ziemlich eng beieinander liegende Teilnehmerfeld“ (Bouchouchi), bei dem „nach hinten keiner richtig weggebrochen“ sei, spiegelte sich dann auch in den knappen Resultaten in den Entscheidungsspielen wider. Beide Halbfinals endeten mit Ein-Tor-Vorsprung, im Spiel um Platz drei und im Finale benötigte es gar ein Siebenmeterschießen, ehe die Sieger feststanden. „Mit dem Mannheimer HC ist die Mannschaft Meister geworden, die nicht unbedingt die besten Einzelspielerinnen im Team hatte, aber die größte mannschaftliche Geschlossenheit besaß, am konzentriertesten war und ihren Plan am stringentesten durchgezogen hat. Und der MHC hatte von allen auch die beste Ecke“, stellte Akim Bouchouchi fest. Dem Finalverlierer Düsseldorf attestierte der Bundestrainer „große mentale Stärke“, die sich im Aufholen eines frühen 0:3-Rückstandes im Endspiel äußerte. Allerdings sei auch der DHC wie die meisten anderen nicht von „spielerischen Schwankungen“ verschont geblieben. Dass der Feldmeister UHC es nicht in das Halbfinale geschafft hatte, gehörte zu den sportlichen Überraschungen.

Ins Allstar-Team berief Akim Bouchouchi Torhüterin Noelle Rother (Flottbek) und die Feldspielerinnen Selin Oruz (CR), Lisa Marie Schütze, Elisa Gräve (beide DHC), Nike Lorenz (MHC) und Simca Schön (Flottbek). Ähnlich herausragend empfand der Beobachter auch den DM-Auftritt von TW Viktoria Kammerinke (DHC) sowie Anne Winter (MHC), Michelle Strobel (NHTC), Amelie Wortmann (Flottbek) und Greta Nauck (DHC).
Das Niveau der Schiedsrichterleistungen bezeichnete Bouchouchi als „insgesamt sehr ordentlich“. Die gegen Ende ein wenig nachlassende Konzentration habe „ein paar kritische Entscheidungen“ hervorgebracht, die zum Glück jedoch ohne Auswirkungen geblieben wären.  
Als „nett gemacht“ lobte der Beobachter die DM-Ausrichtung des HC Gernsbach, der alle Hände voll zu tun hatte, alle Gäste durch den am Sonntagmittag nach zwei Siebenmeterentscheidungen etwas in Verzug geratenen Zeitplan noch zu den gebuchten Zügen und Flugzeugen zu bringen. Bouchouchi: „Aber auch das hat geklappt.“ Am Sonntag beobachtete auch der neue Damen-Bundestrainer Jamilon Mülders den Leistungsstand des angehenden Aktivennachwuchses.

Mädchen A: Großes Entwicklungspotenzial beim Torabschluss

„Sehr zufrieden“ äußerte sich Markku Slawyk über die gezeigten Leistungen bei der Deutschen Meisterschaft der Mädchen A in Bad Kreuznach. Die acht Teams hätten sich auf technisch-taktisch hohem Entwicklungsstand präsentiert. „Da merkt man eben auch, dass Trainerkoryphäen wie Berti Rauth oder Martin Schultze hier tätig sind“, so der U16-Bundestrainer. Auch athletisch hätten die 13- und 14-jährigen Nachwuchstalente überzeugt. „Da ist eine gute Entwicklung zu sehen“, freute sich Slawyk, der manch wechselhaften Auftritt als „ganz typisch für diese junge Altersklasse“ bezeichnete.
Letztlich hätten sich mit Leverkusen und UHC Hamburg die zwei stärksten Teams verdient für das Finale durchgesetzt, bei dem der RTHC „das Quäntchen mehr Glück und Erfahrung“ zum Titelgewinn nutzte. Dass beide Finalisten viele Probleme im Halbfinale gehabt hätten, unterstreicht für den Beobachter die Ausgeglichenheit des Feldes. Erst auf den hinteren Rängen sei die Breite in den Kadern nicht so stark gewesen, um ganz vorne mitzumischen. Von den acht DM-Teams hätte sich lediglich der Club Raffelberg unter seinen Möglichkeiten verkauft . Slawyk: „Raffelberg war für mich eigentlich ein klarer Kandidat für das Halbfinale.“

Ins Allstar-Team (Foto) berief der Bundestrainer Torhüterin Anna Lehner (Wacker) und die Fdeldspielerinnen Paula Enzelberger (NHTC), Emily Kerner (Alster), Annchristin Lehmann (UHC), Anne Rings und Naomi Heyn (beide RTHC). Kaum weniger herausragend hätten Feline Günther (UHC), Jana Sobczyk (RTHC), Emma Davidsmeyer (Bremen), Julie Altherr (Mainz), Nicola Pluta und Pia Maertens (beide CR) aufgespielt.
Die geringe Anzahl an Toren (im Durchschnitt nur 3,2 pro Spiel) führte Markku Slawyk einerseits auf „qualitativ starke Verteidigungsreihen“, aber auch auf mangelnde Qualitäten beim Torabschluss zurück. „Zu oft ist der schnelle, flache Abschluss gesucht worden, anstatt auch einmal mit einem Stemmschritt und entsprechender Technik den Ball hoch aufs Tor zu bringen. Oft ist also die falsche Erntscheidung beim Torschuss getroffen worden“, sagt der Bundestrainer und sieht hier „ein großes Entwicklungspotenzial“ brach liegen.
Von den Schiedsrichterleistungen der Endrunde war der Hanseat begeistert. „Das war hervorragend diesmal“, lobte Slawyk die ohne Karten auskommenden Unparteiischen. Ähnliches Lob hatte der Bundestrainer auch für die Ausrichtung des Kreuznacher HC: „Das war eine schöne Veranstaltung mit einer sehr liebevollen Organisation.“ Die live von einem Chorsänger vorgetragene Nationalhymne vor dem Endspiel hatte es nicht nur Markku Slawyk besonders angetan.

Bundestrainer fordern Veränderungen bei der Regelauslegung

Wenn es einen Punkt gab, den die Sportbeobachter bei allen drei DM-Veranstaltungen zu monieren hatten, dann waren das „die vielen toten Bälle an der Bande“ (Marc Herbert), die den Spielfluss unterbrechen. „Die Spielerinnen stellen den Ball zu, vor allem im Eck hinten, und keiner macht mehr etwas. Die Schiedsrichter können die Situation der gültigen Regelauslegung nach nicht abpfeifen“, erläutert Markku Slawyk, der klipp und klar fordert: „Da müssen wir etwas verändern.“ Auch Marc Herbert empfindet eiligen Handlungsbedarf: „Noch eine weitere Hallensaison sollten wir uns nicht diese unbefriedigenden Situationen zumuten.“

Stillstand an der Bande: der (hier nicht sichtbare) Ball liegt bandennah, und keiner kann die Situation angesichts des "Bretterwalds" vernünftig auflösen.

 

 
14. März 2025
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