San Sebastian im Juli

Als wir am letzten Donnerstag nun also endlich unserem Saisonhöhepunkt entgegenstreben, wird wieder einmal deutlich, warum eine Reiseplanung und die zufällige Entdeckung Amerikas gar nicht mal so unterschiedlich aussehen müssen. So ganz rund lief der Einstieg jedenfalls nicht. Unüberbrückbare Differenzen zwischen unserem Transportunternehmen und unseren Vorstellungen bezüglich des ausreichend vorhandenen außerkapazitären Gewichts riefen unseren Physio auf den Plan. Genauer gesagt eher sein Kreditinstitut.

Fairerweise muss man aber auch einräumen, dass es da auch keineswegs einen Unschuldigen getroffen hat, denn neben seiner standardmäßigen Ausrüstung waren zudem - wenn ich das mal eben so überschlage - große Teile eines Schuhgeschäfts, mehrere Eimer Krautsalat, mindestens 5 gusseiserne Waffeleisen und diverse andere mittelalterlich anmutende Gerätschaften, die wohl zum Zutzeln von Weißwürsten gedacht waren, für das Gepäckdisaster verantwortlich. Also genau festlegen lasse ich mich bei dieser zugegebenermaßen rekonstruierten Aufzählung da jetzt nicht, aber soweit meine Erinnerung reicht, könnte das so in etwa ungefähr eine total fast vollständige Liste seiner mitgebrachten Gegenstände gewesen sein.

Abgehakt, Konto geplündert und ab zum Gate A 40. Mitleidig lächelnd sagt uns die Dame am Counter nämlich, dass wir von Gate A 40 abfliegen. Angeblich beziffert die Zahl die Laufwegzeit der Anreise zum Gate. Als wir schon fast aufbrechen, bittet sie uns noch nach einer dänischen Familie Ausschau zu halten, die letzte Woche von diesem Gate abfliegen sollten, dort aber wohl nie angekommen ist. Haben wir natürlich nicht gemacht, erst zockt sie uns mit Übergepäck ab und dann sollen wir auch noch dänische Fluggäste für sie finden.

Und als nächstes warten wir dann noch unsere Maschine, bedienen den Rest der Fluggäste an Bord und schreiben die Dienstpläne für alle Crewmitglieder, die Übergewicht haben oder mal hatten. Nix da, am Arsch die Räuber… Wir landen also in Bilbao und schließlich kommt, was kommen muss. Wito steht am Gepäckband und vermisst einen Koffer. Na ja, dieses mal fehlt er wirklich, und wir stellen fest, dass unsere Trikots nicht mit uns zusammen weiterreisen. Das haben wir bestimmt der Übergepäck-Dame zu verdanken, bloß weil wir die dänische Familie nicht gesucht haben. So hängt das also alles zusammen und man merkt es irgendwie erst zu spät.

Wir steigen also innerlich so einigermaßen gelassen in Bilbao in den Bus, der von einer Einheimischen gelenkt wird, mit der festen Absicht uns nach San Sebastian zu bringen. An dieser Stelle möchte ich zunächst mal betonen, dass es mir völlig fern liegt, die Fahrkünste dieser Einheimischen aufgrund ihres Geschlechts vorzuverurteilen. Leider war ihre Absicht, uns auf direktem Weg nach San Sebastian zu bringen, nicht fest genug, jedenfalls bog die Dame an einer Stelle entschlossen ab, wo ich nicht abgebogen wäre. Auch schon deswegen nicht, weil wir somit einen Ortsteil von Bilbao kennen lernen, der ungefähr so hässlich ist, dass er in der Indianersprache wohl die “Hämorrhoide am Arsch der Welt” heißen würde.

Abgerundet wird der Tag dann in unserer Unterkunft im Universitätsgelände. Nahezu gleichzeitig fallen fünf Mannschaften in der Mensa zum Abendessen ein, wo an einer vier Meter breiten Theke das Essen frisch zubereitet wird. Schön für das Essen, das nicht gelangweilt in Warmhaltegefäßen seinem Verzehr entgegenfiebert, aber schlecht für uns, die wir nämlich die fünfte Mannschaft am Ende der Schlange waren. So rücken dann wieder völlig existenzielle Belange ins Blickfeld und alle anderen Probleme relativieren sich. Na jedenfalls so ganz allmählich.

Carsten Alisch