Melanie Cremer – die einzige Weltmeisterin im Team

Von Endo-Prothesen, Trillerpfeifen und einem Traum

Hallo Australien: Melanie Cremer (rechts) (Bild: sportfoto.tv, Bohlscheid)Bandscheiben-Vorfälle, Knie- und Hüft-Teps (Total-Endo-Prothesen) sind der berufliche Alltag von Melanie Cremer. Die mit 31 Jahren älteste Feldspielerin im deutschen WM-Kader ist Diplom-Sportlehrerin und arbeitet seit fünf Jahren im Sport-Therapie-Centrum (STC) in Hamburg. Sie erstellt dort für Rehabilitations-Patienten individuelle Geräteprogramme.

Wunschstudium wäre eigentlich Medizin gewesen, doch die dafür notwendigen Leichen-Sezier-Kurse waren für Melanie nicht akzeptabel. Da Sport immer schon Lebensmittelpunkt war, begann sie Sport auf Lehramt zu studieren. Eine Lehrprobe in einer 8. Klasse – von der die gebürtige Düsseldorferin noch heute mit viel Humor erzählt – brachte aber die Gewissheit, dass der Schulunterricht nicht ihre Welt sein würde. „Am Anfang haben die nichts von dem umgesetzt, was ich ihnen gezeigt habe. Und als ich am Ende so wütend war, dass ich sie in der letzten Stunde mit Trillerpfeife und Befehlston nur gescheucht habe, da fanden die das plötzlich toll. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden!“

Also zog sie ihr Studium mit anderen Schwerpunkten durch. 1995 war sie fertig und schnupperte danach noch in andere Bereiche rein - in der Marketing-Abteilung von Bayer zum Beispiel oder in der Koordinationsarbeit ihres damaligen Clubs RTHC Leverkusen. Ein Praktikum in einem Reha-Zentrum brachte dann allerdings die Gewissheit für ihren Wunschberuf. In einer einjährigen Fortbildung qualifizierte sie sich sogar noch zur Sporttherapeutin weiter.

Übrigens lautete das Thema ihrer Diplomarbeit „Veränderung der Abwehrsysteme durch Veränderung der Spielsysteme“ und befasste sich mit dem Wegfall des Abseits im Hockey. Die schrieb sie vor allem auf Lehrgängen, von denen es ungezählte gab in der Sportkarriere von Melanie Cremer. Mit vier Jahren begann ihre Karriere beim DSD in ihrer Heimatstadt, wo auch die Eltern Gisela und Rüdiger Cremer spielten und die Mutter auch erste Trainerin war.

Doch schon drei Jahre später kam der Wechsel zum Lokalrivalen Düsseldorfer HC. Dort wurde „Mele“ wie die quirlige Mittelfeldspielerin in Hockeykreisen genannt wird, auch Nationalspielerin und 1989 sogar Weltmeisterin mit der Juniorinnen-Nationalmannschaft im kanadischen Ottawa. Diesen Titel hat die Wahl-Hamburgerin damit übrigens allen anderen 17 Spielerinnen im WM-Kader voraus. Auf Anraten des heutigen Herren-Bundestrainers Bernhard Peters, der die Mannschaft damals zum bislang einzigen Juniorinnen-WM-Titel führte, wechselte sie danach zu Leverkusen in die Bundesliga, das dann für mehr als acht Jahre ihre sportliche Heimat war.

Die internationale Karriere verlief mit vielen Höhen und Tiefen. Schon mit nicht einmal 18 Jahren in den A-Kader gerückt, wurde sie 1990 vor der WM in Sydney und 1992 in Barcelona immer kurz vorher aus dem Aufgebot gestrichen. Schlimmer traf es die sympathische, eher introvertierte Sportlerin allerdings, als der damalige Bundestrainer Berti Rauth sie nach dem zwischenzeitlichen gemeinsamen Gewinn von WM-Bronze 1998, zwei Jahre später vor Sydney wieder zu Hause ließ.

„Sicher hat man als Teamsportler immer das Problem, dass es keine Norm gibt, die man erfüllen muss, um qualifiziert zu sein. Aber das war damals die größte Enttäuschung meines Lebens.“ Eigentlich wollte Melanie, die zwischenzeitlich 1997 zum Klipper THC nach Hamburg gewechselt war, danach die internationale Karriere beenden. Der Wechsel im Bundestraineramt ließ sie aber noch einmal zurückkommen. „Peter Lemmen hat mir sehr viel Vertrauen gegeben. Ich möchte bei der WM jetzt viel zurückgeben“, sagt sie. Die Halbfinalteilnahme sei ein sehr schweres, aber nicht unrealistisches Ziel, und danach könne alles passieren.

„Wir sind ein gutes Team. Es gibt keine Hackordnung, keine Sonderstellung. Jede kann ihre individuellen Stärken einbringen und helfen, die eventuellen Schwächen einer anderen zu überdecken.“ Beste Freundin im Nationalteam ist die Rüsselsheimerin Denise Klecker, mit der Cremer in Perth auch das Zimmer teilt. In Australien werden wieder alle anderen bei ihr Anfragen, wo der nächste Supermarkt ist, die nächste Eisdiele oder Kiosk. „Ich habe den Ruf weg, weil ich immer sofort die nähere Umgebung auskundschaften muss.“

Die Rastlosigkeit lässt sie auch schon über sportliche Ziele nach Beendigung der Hockeykarriere nachdenken. Zwei Mal ist sie in Hamburg bereits den Inline-Marathon mitgelaufen. Ein richtiger Marathon und auch einen Triathlon will sie irgendwann auf jeden Fall mal ausprobieren. Doch die WM muss für die frischgebackene deutsche Feldmeisterin nicht unbedingt das Ende bedeuten. „Die Hallen-WM in Leipzig und danach die Karriere auf dem Höhepunkt zu beenden, wäre mein Traum.“

 

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