Alexander Sahmel
Wir haben freundlicherweise von Christoph Plass (dha) einen Artikel zur Verfügung gestellt bekommen, der in der Norddeutschlandausgabe der WELT erschienen ist. Vielen Dank.
Von Christoph Plass
Am Wochenende beginnt im niederländischen Amstelveen die Hockey Champions Trophy (16. bis 24. August), das Turnier der sechs weltbesten Hockey-Nationen. Im Aufgebot von Bundestrainer Bernhard Peters stehen drei Hamburger. Während für die UHCer Eike Duckwitz und Benjamin Köpp die Trophy zwar ein Karrierehöhepunkt ist, sie mit zusammen über 130 Länderspielen aber zu den routinierten Kräften im jungen deutschen Team gehören, geht für Alsters Abwehrspieler Alexander Sahmel ein Traum in Erfüllung, den er nie mehr zu träumen gewagt hätte.
Vor fünf Jahren erklärten die Ärzte dem gerade 17-Jährigen, dass er nie wieder Sport treiben könne. Für den als größtes Nachwuchstalent gefeierten Mülheimer brach eine Welt zusammen. Schon mit 14 Jahren gab er sein Debüt in der Jugend-Nationalmannschaft. Mit 16 berücksichtigte ihn Peters für die U21-Nationalmannschaft. Die verheerende Diagnose kam direkt nach dem ersten internationalen Turnier.
Durch eine konstante Überbelastung hatte sich die Patellasehne chronisch entzündet. Für den jungen Mann begann eine Odyssee zu mehreren Fachärzten. „Einige davon waren Stümper“, ärgert sich der heute 22-Jährige. Vier Operationen musste er über sich ergehen lassen. Dennoch blieb die erhoffte Genesung aus. Nur schwer gewöhnte sich der Teenager an den Gedanken, nie mehr mit Schläger und Ball über den Platz laufen zu können. Vom Hockey konnte er dennoch nicht lassen. Seine Mülheimer Mannschaft von trennte sich vom bisherigen Trainer, um mit dem gleichaltrigen Sahmel als Coach mehrere deutsche Meistertitel zu gewinnen. Dann eröffnete sich für ihn die Chance, beim Münchner Sportarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt vorstellig zu werden.
Elf Monate lang quälte sich der „hoffnungslose Fall“ auf Anweisung des Fußball-Doctors in Rehabilitationszentren, bekam Spritzen und Infusionen. Am Ende konnte Alex wieder schmerzfrei joggen. „Mach weiter so, dann wirst Du vielleicht eines Tages wieder für Deutschland spielen“, gab ihm der berühmte Mediziner mit auf den Weg. Als der junge Mann vor einem Jahr in Hamburg sein Medizinstudium aufnahm, wagte er beim Club an der Alster ganz vorsichtig die Rückkehr in den Hockeysport.
Im Mai 2002, nur zwei Monate später, gewann er mit dem Team den Europapokal der Landesmeister. Im Frühjahr dieses Jahres berief Bernhard Peters ihn ins deutsche Perspektivteam für die WM 2006. Die Chance zum internationalen Comeback stieg, als Peters entschied, mit dem Perspektivkader die Champions Trophy zu bestreiten, um den A-Kader nicht direkt vor der eine Woche später startenden Europameisterschaft zu überlasten. Ein bisschen Ironie des Schicksal ist es, dass der heute 22-Jährige seine Rückkehr auf der internationalen Bühne nun der Verletzung eines anderen verdankt.
Wegen des Verdachts auf Pfeiffersches Drüsenfieber verpasste er nämlich die Nominierungslehrgänge für Champions Trophy und Europameisterschaft. Nun wurde er nachnominiert, weil sich der Charlottenburger Tobias Hentschel – im letzten Jahr noch Teamkollege von Sahmel bei Alster – die Bänder riss. Heute trifft er sich mit dem Nationalteam in Amsterdam, gestern durfte er als Bonbon mit dem EM-Kader in Krefeld gegen Belgien sein erstes A-Länderspiel bestreiten.
„Das ist alles wie ein Traum. Ich habe vor drei Jahren im Amstelveen als Fan die deutsche Mannschaft bei der Trophy angefeuert – damals noch furchtbar traurig, weil das für mich nie in Erfüllung gehen sollte“, erzählt Alexander Sahmel, der erst vor drei Wochen in Krefeld auch sein privates Glück mit Namen Sonja gefunden hat. „Ich weiß, dass wir mit der jungen Mannschaft in Holland unter enormem Druck stehen werden, aber ich bin trotzdem zuversichtlich. Das ist doch zusätzliche Motivation, die noch mal Reserven frei machen wird.“
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TEAMFOTO
PECH
Pech nicht nur für ihn, sondern für das gesamte Team. Mannschaftskapitän Tobias Hentschel zog sich im letzten Vorbereitungsspiel eine Verletzung zu, die ihn an der CT-Teilnahme hindert.
NEUER KAPITÄN
Justus Scharowsky übernimmt die Funktion des Mannschafts-Kapitäns. Er ist neben Torwart Christian Schulte und Eike Duckwitz der dritte, der bereits bei der CT 2002 in Köln mit von der Partie war.
COMEBACK
Alexander Sahmel feiert ein "Comeback", bevor er eigentlich richtig angefangen hat. Der vielfache Jugend-Nationalspieler laborierte an jahrelangen Knieproblemen mit mehreren Operationen.
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TRÜMMERBRUCH
Aussenverteidiger Till Kriwet zog sich Mitte der ersten Halbzeit im letzten Spiel einen komplizierten Trümmerbruch eines Mittelhandknochens zu, Operation, 12 Wochen Pause. Hier zusammen mit dem deutschen Mannschaftsarzt Dr. Jörn Hillekamp.
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