Donnerstag, 28. November 2002


Ein Tag Down Under


Piep!....Piep!....Piep!….der Wecker klingelt. 6:30 Uhr – Zeit zum Aufstehen. Ein typischer Wintertag mitten in Deutschland hat begonnen. Draußen ist es noch dunkel, Nebel liegt über der Stadt und keine 3 Grad erwarten uns vor der Haustür.
In Australien drehen sich derweil 26 Leute der deutschen Damenhockey-Nationalmannschaft noch einmal rum.
Piep!....Piep!....Piep!….der Wecker klingelt. 8:15 Uhr – Zeit zum Aufstehen. Blauer Himmel, 24 Grad mitten in Perth, die Sonne strahlt uns ins Gesicht.
In Deutschland hat man schon hektisch ein Vollkornbrot mit Butter und Marmelade beschmiert und einen zu hießen Tee zu sich genommen und ist zur Arbeit geeilt, die bereits seit 8:00 Uhr begonnen hat.
In Australien begibt man sich zwischenzeitlich zum reichhaltigen Frühstücksbuffet: frisches Obst aller Länder dieser Welt, Pancakes, Müsli in allen Variationen, Rühreier, die frisch auf den Teller kommen, je nach Geschmackswunsch, und die gewöhnlichen Sachen wie Muffins, Joghurt, Butter, Marmelade, Brot aller Art und vieles mehr. Zum Trinken stehen einem 6 Säfte zur Auswahl, Wasser, Tee und Kaffee mit frisch aufgeschäumter Milch.
10:00 Uhr: Nur noch 6 Stunden Arbeit liegen in Deutschland vor uns. Die Mittagspause ist nicht mehr weit, aber vorher treibt man in Westaustralien Sport auf der bekannten Wiese vor dem Hotel. Bepackt mit Mütze, Wasserflasche und Handtuch schwitzt man ab jetzt eine halbe Stunde zur Aktivierung unter Anleitung der Athletiktrainerin Sigi Biermann, auch Turnen von Gerd Bachmann genannt. Wir sehen es eher als anstrengende Trainingseinheit.
10:35 Uhr: Puh geschafft! Während man sich in Deutschland noch immer mit der Arbeit rumquält, springt man in der Terrace Road 54, Perth in den hoteleigenen Swimmingpool zum Rundenschwimmen und Blauwal Watching. Bei 20 auf 4 Meter und 18 Hockeymädels, beleibt uns auch keine andere Wahl. Kaum ins kühle Nass gesprungen muss man auch schon wieder raus, um angezogen bei der Besprechung zu sitzen.
11:00 Uhr: 3 Stunden lang hat man auf der Arbeitsstelle weder was von der deutschen Winterwelt mitbekommen, noch hat man Frischluft geschnappt. In Australien sind die Vorhänge im Raum G2 zugezogen, 18 Hockeydamen lauschen einer Stimme, der des Bundestrainers Peter Lemmen. Die Blicke aller richten sich auf eine Leinwand, auf der an die 30 Spielszenen abgespielt werden. Eines der Hauptthemen der heutigen Besprechung, neben der Beobachtung des späteren Gegners Argentinien, „die Regelkunde“.
12:30 Uhr: Endlich Mittagspause! Jetzt erst mal „den Hammer fallen lassen“ und raus in die frische Luft. Mollig warm verpackt mit Winterjacke, Schal, Mütze und Handschuhen eilt man zum Schnellimbiss, um sich für die restlichen Arbeitsstunden zu stärken. Noch mal tief durchatmen und wieder ran an die Arbeit.
Im Crowne Plaza Hotel sitzt das deutsche Team gemütlich im Essensraum und genießt Hühnchenspieße mit Reis und frischen Salat.
„Nach dem Essen sollst Du ruh’n oder 1000 Schritte tun.“ Im Mannschaftslager ist eine Stunde Mittagsruhe auf dem Zimmer angesagt, bevor es um 14:45 Uhr zur 2. Besprechung des Tages mit dem Hauptthema „Kurze Ecken“ geht.
16:00 Uhr: Der deutsche Alltag nimmt schleppend seinen Lauf. Die letzte Stunde des tristen Arbeitstages ist eingeläutet.
Um die gleiche Zeit sitzt die Damennationalmannschaft mit gepackten Sachen und gut gestärkt mit einer Zwischenmahlzeit im Bauch in den gemieteten Kleinbussen. Ziel der Fahrt: das WM-Stadion.
17:05 Uhr: Hurra! Ein Donnerstag voller Arbeitsstress ist beendet. Die Arbeitsstelle wird einen erst morgen um 8:00 Uhr wiedersehen, aber noch ist der Tag keineswegs vorbei. Durch die Dämmerung geht es nach Hause zum Abendessen und schnell die Sachen für’s Hallentraining packen.
Schneller geht es jetzt auch auf dem 2. Kunstrasenplatz der Curtin University of Technology, Perth zu. Der Physiotherapeut Johannes Fetzer, auch Jojo genannt, hat die ehrenvolle Aufgabe die Spielerinnen aufzuwärmen und für’s Spiel zu motivieren. Mit vollem Einsatz gibt er für die Hockeystars alles, Hauptsache die Mädels bringen eine Stunde später ihr Bestes auf dem Platz.
18:05 Uhr: Der Biorhythmus ist ziemlich am Tiefpunkt angelangt, jetzt nur schnell rein ins Auto und los zur Hockeyhalle.
Los geht’s jetzt endlich auch in Down Under, der Biorhythmus ist am höchst Punkt angelangt. Adrenalin schießt durch die Körper 22 Spielerinnen, die bei 26 Grad dem Anpfiff entgegenfiebern. Das Spiel läuft. 35 Minuten später ertönt der Halbzeitpfiff.
18:40 Uhr: Warmlaufen in der stickigen Hockeyhalle. Endlich kann man sich mal bewegen. In der Kabine der WM-Hockeydamen ist man nach einer schnellen und dynamischen Halbzeit froh, beim Stand von 0:0 ruhig durchatmen zu können. Mal in Ruhe etwas Flüssigkeit zu sich zu nehmen, Bananen werden gereicht, so wie nasse kühle Tücher und alle Spielerinnen werden bestens vom gesamten Betreuerteam versorgt. Der Trainer erklärt währenddessen, wie es in der zweiten Halbzeit weitergehen soll. Jetzt nichts wie wieder raus auf’s Spielfeld. Hochmotiviert beginnen die deutschen Gladiatoren die nächsten 35 Minuten. Der Sieg ist in erreichbare Nähe gerückt!
19:30 Uhr: Nach Warmlaufen und Athletiktraining geht es endlich an die Stöcke. Erst einmal Einschieben und wieder an die Leichtigkeit des Hallenhockeystocks gewöhnen.
In Australien ist mittlerweile auch die Dunkelheit eingebrochen und der Schlusspfiff des Spiels der Gruppe A zwischen Deutschland und Argentinien ertönt. Endstand 0:1 aus Sicht der deutschen Damen. Ungläubig schauen sie nach oben auf die Anzeigetafel des Stadions. Manch einer Spielerin schießen die Tränen in die Augen. Geknickt geht es zum 20-minütigen Auslaufen und Dehnen.
21:00 Uhr: Das Training war mal wieder schweißtreibend und anstrengend. Jetzt nur noch schnell unter die Dusche und dann mit den Vereinskolleginnen in die nächste Kneipe auf ein warmes Getränk.
Um die gleiche Zeit ist Abendessen im Crowne Plaza Hotel für die unglücklichen Verlierer des Tages angesagt. So richtig mögen die Nudeln heute Abend nicht mehr schmecken. Gegen Frust hilft einfach ein Eis, Schokolade, Chips oder was anderes „Ungesundes“ besser.
22:00 Uhr: Endlich in der Kneipe nach einem harten Tag mit 8 Stunden Arbeit und Vereinstraining. Bloß nicht zu lang machen und versacken, morgen geht’s schließlich wieder früh raus.
Zum Abschluss des Tages gibt es in Perth noch ein kurze Besprechung und Ehrungen für Jubiläumsspiele. Danach zur Massage und endlich ins Bett, nach einem anstrengenden und langen Tag.
24:00 Uhr: Spätestens um diese Zeit ist in Deutschland und Australien Schlafen angesagt. Wir sagen Gute Nacht!
Zum Abschluss eines Tages hier noch kurz die Highlights der letzten 15 Stunden:

  • Morgens am Frühstückstisch galt es eine erstes Rätsel zu lösen. Wer hatte das tolle Motivationsplakat auf unserem Flur gestaltet und dabei den geschickten Umgang mit Schere und Kleber bewiesen? Keiner unserer Köpfe war abgeschnitten worden. Marion super Leistung! Heiki hat mit Dir zusammen, wirklich ein tolles Plakat gemacht. Wir hoffen, der Kurs "Wie-gehe-ich-mit-einer-Schere-um“ war schnell und problemlos mit Frau Lätzsch als Schülerin.
  • Nadine Ernsting-Krienke ist die erste deutsche Spielerin mit 250! Länderspielen, die laute Peter Lemmen noch mindestens 50 Länderspiele mehr machen wird und nach Gerd Bachmanns Aussage sogar 100. Na dann, liebe Nadine, leg Dich mal richtig ins Zeug.
  • Nina Kramer hat heute genau ihr 25 Länderspiel gemacht, also gerade mal ein Zehntel von Nadine, aber ihre DHB Karriere ist ja auch noch jung.
  • Wer war eigentlich Schuld an der Niederlage? Für gewöhnlich alle, allerdings machten sich 9 Spielerinnen an die Spielanalyse. War es Fanny mit ihrem Pfostenschlenzer bei der Ecke? Der Zeigefinger war wohl doch nicht an der richtigen Stelle oder lag es an der Stellung des linken Fußes? Werner Widersich, unser Schlenzexperte, wird uns sicherlich noch die Lösung des Rätsels sagen. War es Taschi, die den Ball nicht voll bei ihrem ersten Torschuss getroffen hat? "Taschi hätte den Ball ruhig mal unter den Dach nageln können“ (O-Ton Denise K. mit dem Aufruf um eine Tüte Deutsch, damit das mit den richtigen Artikeln mal wieder klappt). Aber am Ende waren sich alle einig, ein frühes Tor hätte dem Spiel nicht gut getan.
  • Des weiteren stellte sich die Frage, ob Heike Lätzsch immer noch 12 Sekunden auf 100 Meter läuft? Darauf wusste leider keiner eine Antwort, aber eins ist sicher, beim Auslaufen schaffen wir alle 10 Hockeyplatzrunden in nur 20 Minuten.
  • An einer roten Ampel stand plötzlich neben dem Spielanalytikerbus mit Carola Meyer, unserer Managerin, am Steuer ein weiterer Bus, der von einem brasilianischen Bayer gefahren wurde. Drinnen saß ein Hockeyteam, das heute wohl unglücklich verloren haben musste, wusste Natascha K. aus B. zu bemerken.
  • Wussten sie eigentlich, dass unser Auto genauso heißt wie unsere Managerin? Corolla!
 

Melle und Klecks

 

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