Kölns Heike Lätzsch stellt WM-Rekord auf Was haben Boris Becker und der "Hexer" mit einer Hockeykarriere zu tun? Heike Lätzsch unterbricht für die Weltmeisterschaft in Perth nicht nur ihr juristisches Referendariat in Köln, sie bricht auch Rekorde. Mit gerade mal 28 Jahren wird sie die einzige deutsche Nationalspielerin sein, die dann an vier Weltmeisterschaften teilgenommen hat. Das schaffte bisher nur der Heidelberger Michael „Michi“ Peter, der in seiner 20-jährigen aktiven Karriere im Nationalteam (1965 bis 1985) ebenfalls vier Weltmeisterschaften bestritt. Wenn alles normal läuft, dürfte die Stürmerin von Bundesligist Rot-Weiß Köln auch während der WM an der ehemaligen Rekord-Nationalspielerin Britta Becker (224 Länderspiele) vorbeiziehen und hinter Nadine Ernsting-Krienke und Melanie Cremer Rang drei in der ewigen Liste der deutschen Nationalspielerinnen einnehmen. Bislang kommt sie auf 219 Einsätze im Nationaltrikot. Dass die pfeilschnelle blonde Angreiferin dabei gar nicht wie ein „Hockey-Dino“ wirkt, liegt auch daran, dass sie 1990 bereits mit süßen 16 Lenzen erstmals in den A-Kader berufen wurde. Die Erfolge verteilten sich dann gleichmäßig. 1992 gewann sie Silber bei den olympischen Spielen in Barcelona, 1998 holte sie WM-Bronze in Utrecht. 1999 wurde sie erstmals deutsche Meisterin mit Rot-Weiss Köln, nur ein Jahr später Europapokalsiegerin der Landesmeister. Dabei konzentrierte sich Heike, bis dahin auch im Tennis auf Landesebene sehr erfolgreich, erst 1986 so richtig auf den Hockeysport. Damals starb ihr sechs Jahre älterer Bruder Carsten, selbst Junioren-Europameister, bei einem Autounfall auf dem Weg zu einem Bundesligaspiel. „Er hat mich zum Hockeysport gebracht“, erzählt Heike. „Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich nicht da, wo ich heute sportlich bin.“ Von ihrem Heimatclub Braunschweiger THC wechselte sie zum Lokalrivalen Eintracht in die Bundesliga. Nach dem Abitur 1993 begann sie das Jurastudium in Köln, spielte aber erst einmal vier Jahre in Leverkusen, bevor 1998 der Wechsel zum Traditionsclub KHTC Stadion Rot-Weiss nach Köln-Müngersdorf erfolgte. Größter Fan ist schon seit Jahren Mutter Ruth Lätzsch. Sie hat sich bis auf die WM 1990 kein internationales Turnier entgehen lassen, bei dem ihre Tochter mitgespielt hat, Perth wird da keine Ausnahme darstellen. So war sie auch unter den Zuschauern, als Heike 1992 in Barcelona bei der olympischen Eröffnungsfeier ihr Team verlor und im Trubel einen rothaarigen Athleten in deutscher Montur nach dem Weg fragte. Der entpuppte sich als Tennis-Idol Boris Becker, an dessen Seite sie anschließend die Zeremonie erlebte. „Wir haben uns total nett unterhalten und ich durfte mir danach von meinen Teamkollegen natürlich so manchen Text anhören“, erinnert sich Heike. Privat ist die Nationalspielerin schon seit fünf Jahren in festen Händen. Tim Kunzmann heißt der Glückliche, selbst Medizinstudent in Köln, mit dem sich Lätzsch allerdings erst seit drei Monaten auch die WG-Wohnung teilt. Teilen tun sich beide auch das Engagement für die kirchliche Aktion „Nachbarn helfen Nachbarn“. Eine 85-jährige Dame bekommt Hilfe beim Einkaufen und Behördengängen. „Tim hat das angefangen und ich mache gern mit, wenn ich nicht gerade mit der Nationalmannschaft unterwegs bin.“ Ausgerechnet am 4. Dezember, wenn Heike mit ihrer Mannschaft im Gruppenspiel in Perth auf die Ukraine trifft, legt ihr Lebensgefährte in Köln die Prüfung zum dritten Staatsexamen ab und beendet sein Studium. „Das ist schon ärgerlich, dass ich dann nicht da bin“, sagt die angehende Juristin. Bis zum Frühjahr 2004 dauert noch ihre eigene zweijährige Referendariatszeit am Landgericht Köln. Die erste sechsmonatige Phase am Amtsgericht hat sie bereits hinter sich gebracht. Zurzeit ist Heike beim Strafgericht. Neben der sehr sachlichen, fast schulischen Ausbildung in AGs, bedeutet das zum Beispiel auch Urteile des Schöffengerichts zu schreiben. Da geht es zum Teil um Freiheitsstrafen bis zu vier Jahre. „Das macht einerseits total Spaß, andererseits ist es schon eine tragische Situation, wenn Menschen in Handschellen aus dem Haftkeller vorgeführt werden und danach dort gleich wieder verschwinden“, erzählt die gebürtige Braunschweigerin. Für die Station am Strafgericht hatte sie zwischen Strafrichter und Staatsanwaltschaft wählen dürfen. Hilfe bekam sie bei der Entscheidung von einem „Hexer“. Der ehemalige Handball-Nationaltorhüter Andreas Thiel, in dessen Kanzlei Heike auch schon vorübergehend jobbte, gab ihr den entscheidenden Tipp und vermittelte den Kontakt zum Richter. Bei der Staatsanwaltschaft hätte Lätzsch auch Sitzungsvertretungen machen müssen, die mit den langen Lehrgangszeiten fürs Nationalteam nicht vereinbar gewesen wären. Die jetzige Aufgabe bei Gericht macht ihr so viel Spaß, dass die 28-Jährige sich durchaus vorstellen kann, sich bei entsprechend guten Noten im zweiten Staatsexamen, für diesen Bereich zu bewerben. „Vielleicht mache ich aber auch etwas ganz anderes“, sagt sie. „Ich weiß zwar selbst noch nicht wie, würde aber gern auch im Sport tätig werden.“ Zuerst will die rechte Außenstürmerin bei der WM aber ihre Gegenspielerinnen verurteilen – und zwar zum Hinterherschauen. Die 100 Meter läuft Heike nämlich in zwölf Sekunden, eine Zeit, die nur wenige in der Hockey-Weltspitze erreichen. Danach ist auch Olympia 2004 in Athen durchaus noch ein Ziel für die Wahl-Kölnerin, die ihren Lebensmittelpunkt t zumindest noch bis zu diesem Datum in der Domstadt sieht. „Wenn Peter Lemmen mich dafür haben will, dann möchte ich das versuchen.“ Nur die mündlichen Prüfungen für das zweite Staatsexamen machen ihr da ein bisschen Sorge, weil die sehr wichtig sind und genau in die Vorbereitung fallen. Allerdings hat die blonde Nationalspielerin ja vielleicht Gelegenheit, im DHB-Präsidium für den ein oder anderen Lehrgang dann sehr versierte Lernhilfe zu finden. Schließlich stehen mit Präsident Christoph Wüterich und Ehren-Präsident Wolfgang Rommel ja zwei Juristen dem Verband vor. |
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