Samstag, 2. März 2002
Ein Loblied auf Schüti
Jedes Mal, wenn ich meinen Spielbericht schreibe, tut es auch mir ein
bisschen weh, wenn ich erwähnen muß, dass alle Spíeler eingesetzt worden
sind, nur unser Ersatztorwart sich wieder kein "cap" an seinen Tor ritzen
kann. Ersatztorhüter haben ein besonderes Los zu tragen.
Da sind sie, wie
Christian Schulte, vielleicht schon in mehr als 60 Spielen (er weiß die Zahl
selbst nicht genau, gibt es einen Hockey-statistikfreak unter unseren Lesern?
Oder hat jemand Lust, das in alten DHZs einmal auszuzählen?) dabei gewesen,
haben wie er an zwei Europameisterschaften teilgenommen, doch immer nur auf
der Bank. Die Demut des Bankdrückens ist eine besondere Fähigkeit. Und keiner
übt diese Rolle so positiv aus wie der 26-jährige Neusser. Immer voll im
Spiel. Immer das Positive sehend. Wenn ich einmal den Vorlagengeber bei einem
deutschen Tor nicht mitbekommen habe, ich gehe inzwischen direkt zu Schüti.
Er hat die Situation intensiv beobachtet und miterlebt. Er lebt das Spiel auf
der Bank - und immer positiv. Ermuntert lautstark seine Mitspieler, wenn
ihnen etwas gut gelungen ist. Lobt hier, unterstützt da. Den kann der
Bernhard Peters gar nicht ins Tor stellen, ein wichtiges positives Element
auf der deutschen Bank würde fehlen.
Trotzdem ist es ja nicht so ganz einfach, sich widerspruchslos auf die Bank
zu setzen und in sein Schicksal zu fügen. Objektiv eine tolle Rolle, die er
da spielt. Aber wie sieht es "da drinnen aus", wollte ich von ihm wissen.
Gibt es gar keinen Ehrgeiz? Auch mehrfaches Kitzeln brachte diesen nicht zum
Vorschein. Er ist zufrieden, dabei sein zu können und der Erfolg der
Mannschaft ist ihm das Wichtigste. Die Erwartungen an einen Spieleinsatz
waren schon im Vorfeld eher gering. Bernhard Peters hat ihm klar zu verstehen
gegeben, dass er Clemens Arnold spielen lassen wird. "Was soll's, wenn ich
bei einem entschiedenen Spiel noch für die Statistik fünf Minuten spiele. Was
bringt das?", reagiert Schüti ganz nüchtern. Die Länderspielstatistik, bisher
23 Spiele, ist ihm ziemlich egal.
Der Neusser, der in Düsseldorf Betriebswirtschaftslehre studiert, hat relativ
spät mit dem Hockey begonnen. Zunächst war Fußball und Tennis angesagt, als
in seiner Klasse am Neusser Quirinus-Gymnasium (in der 12 Jungen Hockey
spielten) der Stammtorhüter wegen eines Bandscheibenschadens ausfiel,
überredete Martin Eimer den auch im Fußball Torhüter spielenden
Klassenkameraden, ins Hockeytor zu kommen. 13 Jahre war er damals alt. Und so
erfolgreich, dass er bald in der WHV-Auswahl spielte und mit 16 Jahren vom
WHV-Trainer Dr. Dietmar Alf zur damals besten Mannschaft in der Region, zum
CHTC Krefeld geholt wurde. Mit den Krefeldern wurde er auch Deutscher Meister
und bald Jugendnationalspieler. Sein Fußballverein hatte dann auch keine
C-Jugend mehr, so dass die Fußballkarriere schnell zu Ende ging. Kein
schlechter Tausch, wie er findet. "Ohne Hockey würde ich heute wahrscheinlich
gegen Grimlinghausen spielen, nun bin ich in der ganzen Welt dabei - auch
wenn es nur auf der Bank ist. Hockey hat mein Leben verändert." Neben Hockey
und dem Studium arbeitet Christian regelmäßig und intensiv im elterlichen
Betrieb, dem Landhaus Schulte in Neuss (wenn Sie einmal eine gediegene
Absteige in dieser Region suchen, die Schultes sind gern zu Diensten). Diese
Tätigkeit im Dienstleistungsbereich merkt man dem Christian bei jeder
Gelegenheit an, der leichte Umgang mit Menschen, die Fähigkeit, sie schnell
zu öffnen und für sich zu gewinnen. Besonders Frauenherzen schmelzen
unmittelbar dahin (obwohl der 11 Jahre in -zwei - festen Händen war. Aber -
Fans, Teenies, Groupies, reifere Damen - im Moment ist er zu haben). Das
konnte ich zuletzt bei der DHB-Vermarktungsagentur grey brandcare, die die
wunderschönen Autogrammkarten für die Junx hat herstellten, feststellen. Da
er bei unserem Foto-Shooting anlässlich der Champions Trophy in Rotterdam
nicht dabei sein konnte (hier spielte Christopher Reitz noch die undankbare
Rolle des zweiten Tormanns), musste sein Foto "nachgeschossen" werden.
Schütis kurzer Besuch deshalb in Köln muß bleibende Wirkung hinterlassen
haben. DHB-Kontaktfrau Maike Mertgens findet kaum noch in den Schlaf, so
umwerfend war sein Auftritt. Das ganze Damen-Team der Agentur hat nur noch
einen Favoriten (soll er nicht noch einmal kommen, gibt es nicht noch einiges
an ihm zu bearbeiten?).
So strahlt er, wo immer er auftritt, seine positive Energie in die Welt. Auch
und gerade hier beim WM-Team. "Miese Stimmung würde uns nur vom Titel
entfernen. Und darum geht es."
Auch Käpt'n Kunz ist begeistert von unserem Torhüter Nr. 2, der im Übrigen
genau wie Clemens Arnold unter dem ständigen Training von TW-Trainer Bernd
Schöpf sich hervorragend entwickelt hat und jederzeit eingesetzt werden
könnte, ohne dass man sich um die deutsche Abwehr würde sorgen müssen. Kunz:
" Er geht sehr gut mit der schwierigen Situation um. Geht positiv mit. Wenn
man im Spiel etwas Positives von der Bank hört, dann vom Schultinger. Wir
hoffen, dass wir hier mal irgendwann so hoch führen, dass ihn Bernie mal
einsetzen wird." Und fügt augenzwinkernd hinzu. "Vielleicht morgen, wenn es
gegen Holland 4:0 steht." Think positiv - mit Schüti.
Bleiben Sie uns verbunden,
HockeyHerzlichst
Dieter Schuermann
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