Samstag, 2. März 2002

Ein Loblied auf Schüti


Jedes Mal, wenn ich meinen Spielbericht schreibe, tut es auch mir ein bisschen weh, wenn ich erwähnen muß, dass alle Spíeler eingesetzt worden sind, nur unser Ersatztorwart sich wieder kein "cap" an seinen Tor ritzen kann. Ersatztorhüter haben ein besonderes Los zu tragen. Christian Schulte im Freundschaftsspiel gegen Pakistan am 20.6.2001 (Foto: Herbert Bohlscheid)Da sind sie, wie Christian Schulte, vielleicht schon in mehr als 60 Spielen (er weiß die Zahl selbst nicht genau, gibt es einen Hockey-statistikfreak unter unseren Lesern? Oder hat jemand Lust, das in alten DHZs einmal auszuzählen?) dabei gewesen, haben wie er an zwei Europameisterschaften teilgenommen, doch immer nur auf der Bank. Die Demut des Bankdrückens ist eine besondere Fähigkeit. Und keiner übt diese Rolle so positiv aus wie der 26-jährige Neusser. Immer voll im Spiel. Immer das Positive sehend. Wenn ich einmal den Vorlagengeber bei einem deutschen Tor nicht mitbekommen habe, ich gehe inzwischen direkt zu Schüti. Er hat die Situation intensiv beobachtet und miterlebt. Er lebt das Spiel auf der Bank - und immer positiv. Ermuntert lautstark seine Mitspieler, wenn ihnen etwas gut gelungen ist. Lobt hier, unterstützt da. Den kann der Bernhard Peters gar nicht ins Tor stellen, ein wichtiges positives Element auf der deutschen Bank würde fehlen.

Trotzdem ist es ja nicht so ganz einfach, sich widerspruchslos auf die Bank zu setzen und in sein Schicksal zu fügen. Objektiv eine tolle Rolle, die er da spielt. Aber wie sieht es "da drinnen aus", wollte ich von ihm wissen. Gibt es gar keinen Ehrgeiz? Auch mehrfaches Kitzeln brachte diesen nicht zum Vorschein. Er ist zufrieden, dabei sein zu können und der Erfolg der Mannschaft ist ihm das Wichtigste. Die Erwartungen an einen Spieleinsatz waren schon im Vorfeld eher gering. Bernhard Peters hat ihm klar zu verstehen gegeben, dass er Clemens Arnold spielen lassen wird. "Was soll's, wenn ich bei einem entschiedenen Spiel noch für die Statistik fünf Minuten spiele. Was bringt das?", reagiert Schüti ganz nüchtern. Die Länderspielstatistik, bisher 23 Spiele, ist ihm ziemlich egal.

Der Neusser, der in Düsseldorf Betriebswirtschaftslehre studiert, hat relativ spät mit dem Hockey begonnen. Zunächst war Fußball und Tennis angesagt, als in seiner Klasse am Neusser Quirinus-Gymnasium (in der 12 Jungen Hockey spielten) der Stammtorhüter wegen eines Bandscheibenschadens ausfiel, überredete Martin Eimer den auch im Fußball Torhüter spielenden Klassenkameraden, ins Hockeytor zu kommen. 13 Jahre war er damals alt. Und so erfolgreich, dass er bald in der WHV-Auswahl spielte und mit 16 Jahren vom WHV-Trainer Dr. Dietmar Alf zur damals besten Mannschaft in der Region, zum CHTC Krefeld geholt wurde. Mit den Krefeldern wurde er auch Deutscher Meister und bald Jugendnationalspieler. Sein Fußballverein hatte dann auch keine C-Jugend mehr, so dass die Fußballkarriere schnell zu Ende ging. Kein schlechter Tausch, wie er findet. "Ohne Hockey würde ich heute wahrscheinlich gegen Grimlinghausen spielen, nun bin ich in der ganzen Welt dabei - auch wenn es nur auf der Bank ist. Hockey hat mein Leben verändert." Neben Hockey und dem Studium arbeitet Christian regelmäßig und intensiv im elterlichen Betrieb, dem Landhaus Schulte in Neuss (wenn Sie einmal eine gediegene Absteige in dieser Region suchen, die Schultes sind gern zu Diensten). Diese Tätigkeit im Dienstleistungsbereich merkt man dem Christian bei jeder Gelegenheit an, der leichte Umgang mit Menschen, die Fähigkeit, sie schnell zu öffnen und für sich zu gewinnen. Besonders Frauenherzen schmelzen unmittelbar dahin (obwohl der 11 Jahre in -zwei - festen Händen war. Aber - Fans, Teenies, Groupies, reifere Damen - im Moment ist er zu haben). Das konnte ich zuletzt bei der DHB-Vermarktungsagentur grey brandcare, die die wunderschönen Autogrammkarten für die Junx hat herstellten, feststellen. Da er bei unserem Foto-Shooting anlässlich der Champions Trophy in Rotterdam nicht dabei sein konnte (hier spielte Christopher Reitz noch die undankbare Rolle des zweiten Tormanns), musste sein Foto "nachgeschossen" werden. Schütis kurzer Besuch deshalb in Köln muß bleibende Wirkung hinterlassen haben. DHB-Kontaktfrau Maike Mertgens findet kaum noch in den Schlaf, so umwerfend war sein Auftritt. Das ganze Damen-Team der Agentur hat nur noch einen Favoriten (soll er nicht noch einmal kommen, gibt es nicht noch einiges an ihm zu bearbeiten?).
So strahlt er, wo immer er auftritt, seine positive Energie in die Welt. Auch und gerade hier beim WM-Team. "Miese Stimmung würde uns nur vom Titel entfernen. Und darum geht es."

Auch Käpt'n Kunz ist begeistert von unserem Torhüter Nr. 2, der im Übrigen genau wie Clemens Arnold unter dem ständigen Training von TW-Trainer Bernd Schöpf sich hervorragend entwickelt hat und jederzeit eingesetzt werden könnte, ohne dass man sich um die deutsche Abwehr würde sorgen müssen. Kunz: " Er geht sehr gut mit der schwierigen Situation um. Geht positiv mit. Wenn man im Spiel etwas Positives von der Bank hört, dann vom Schultinger. Wir hoffen, dass wir hier mal irgendwann so hoch führen, dass ihn Bernie mal einsetzen wird." Und fügt augenzwinkernd hinzu. "Vielleicht morgen, wenn es gegen Holland 4:0 steht." Think positiv - mit Schüti.

Bleiben Sie uns verbunden,

HockeyHerzlichst
Dieter Schuermann

 

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Teammanager Dieter Schuermann über Ge- und Misslungenes, über Berufliches und Privates, über Sport-liches und Außer-sportliches.



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