Short Corner 32 - 10. August 2003

   

Wer A sagt, muß auch C sagen

So unter Druck wie gestern in der ersten Halbzeit haben die Junx lange nicht gestanden. Das war gar nicht weltmeisterlich, wie wir eher reagierend als selbst das Spiel bestimmend den Vizeweltmeistern oft nur hinterher laufen konnten. Die Australier legten ein Riesentempo vor, stürmten jeweils mit mehreren Spielern auf den ballführenden deutschen Spieler zu, setzten diesen so unter Druck, dass sie schnell durch Abspielfehler in Ballbesitz kamen. Hinzu kamen viele „unforced errors“ in unserem eigenen Spiel nach vorn. Dann ist es besonders schwer für die Abwehrspieler, der sofort startenden Angriffswelle hinterher zu hetzen, denn man hat sich in solchen Momenten ja gerade von seinem Gegenspieler abgesetzt. So war es eher dem Unvermögen der Australier im Abschluss, etwas Glück und den überragenden Philipp Crone und Clemens Arnold zu verdanken, dass es zur Halbzeit für ein schmeichelhaftes 1:1 langte. In der zweiten Halbzeit dominierte dann, vor allem in den letzten 20 Minuten, eher das deutsche Team und hatte klare Chancen (so Sebastian Biederlack, der – aus allerdings bedrängter Position – nur noch ins leere Tor schießen musste und knapp verzog; oder Christopher Zeller und Tibor Weissenborn, die sich glänzend freigespielt hatten und dann den Ball nicht kontrollieren konnten).

Interessant wie mündig das Team im Nachhinein mit solchen Situationen umgeht. Trainer Bernhard Peters spricht diese Unterlegenheit in der ersten Nachbesprechung am Abend deutlich an und fragt sein Team, woran es liegen kann, dass man gegen die Australier so unter Druck gerät. Die Spieler duckmäusern in solchen Situationen nicht, sondern diskutieren sehr offen und engagiert, woran es liegen kann, wie man es verändern kann. Tibor sah den Hauptunterschied darin, dass die athletische und dynamische Spielweise der Australier das Spiel viel schneller macht, als wir das in den Spielen gegen alle anderen Nationen gewohnt sind. Shneez analysierte für sich, und viele stimmten darin mit ihm überein, in der ersten Halbzeit eine ungewohnte eigene Plattheit, die –das merkte man gerade seinem Spiel an – in der zweiten Hälfte wie weggeblasen war. Hier bestimmte der gebürtige Neusser in alter WM-Manier das Geschehen auf dem Platz, gab keinen Ball her und setzte wie immer genial seine Mitspieler ein. Einige Konsequenzen wurden aus der Analyse gezogen. Heute Nachmittag wollen wir sehen, ob es die richtigen waren.

Auch gestern stand die Diskussion darüber, welche Mannschaft Deutschland zur Champions Trophy schicken soll, am Rande auf der Tagesordnung (der holländische Verband hatte extra seinen Generalsekretär nach Neuss gesandt). Nicht für uns, denn die Überlegung, nicht mit einer Mannschaft innerhalb von vierzehn Tagen zwei große Turniere zu spielen, ist doch älter. Denn Peters denkt schon lange an die Zeit nach Olympia 2004 und wie WM 2006 im eigenen Land. Als die FIH jedoch vor einem Jahr die Champions Trophy aufgrund des Passens der Engländer neu vergeben musste und die Holländer sie zeitlich just vor die EM legten, haben wir sofort auf diese unter sportwissenschaftlichen Gesichtspunkten, aber auch denen der Öffentlichkeitswirkung fatale Terminierung hingewiesen. Auch den Argentiniern geht es ähnlich. Sie spielen derzeit noch die Panamerikanischen Spiele, ihre Olympiaqualifikation, und müssen direkt von dort hier zur CT kommen. Eine solche Ballung seiner internationalen Spitzenereignisse würden sich wohl Spitzenverbände in keiner anderen Sportart leisten. Stellen Sie sich einmal vor, im Fußball würden Europameister- und Weltmeisterschaft innerhalb von einer Woche stattfinden (na gut, im Fußball vielleicht innerhalb von zwei Monaten). Bernhard Peters sieht vor allem auch eine unzumutbare Belastung der Athleten. Die haben seit Beginn dieses Jahres im Januar Hallen-EM, dann –WM, im Anschluß eine schwere Bundesligasaison gespielt, zwischendurch immer wieder Vorbereitungsturniere der Nationalmannschaft, Reisen, Lehrgänge. Und dann auch noch EM und CT in kürzester Folge. Da streikt der Körper und wehrt sich, z.B. mit Verletzungen (leider hat es da nun gestern auch Christian Wein erwischt. Es wird ganz eng, ihn noch zur EM wieder auf die gesunden Beine zu bringen). Käptn Kunz, ebenfalls verletzt, hat Verständnis dafür, dass die Holländer natürlich, auch wegen der Zuschauerwirkung, das namhafteste deutsche Team am Start haben wollen. Aber wäre es auch unter den angesprochenen Belastungen das stärkste? Aber auch für ihn wären die Belastungen bieder Turniere viel zu viel, selbst wenn er als Abwehrspieler nicht so intensiv läuferisch gefordert würde. „Aber das ist auch eine Sache des Kopfes. Man kann sich nicht innerhalb von so kurzer Zeit auf zwei so wichtige Ereignisse gedanklich einstellen.“ Nun hoffen wir nur, dass das Champions-Trophy-Team von weiteren Verletzungen verschont bleibt. Denn leider fällt der vorgesehene Kapitän und erfahrenste Spieler Tobias Hentschel mit einem Bänderriss aus, den er fünf Minuten vor Schluss im Spiel gegen die Engländer vor einer Woche erlitten hatte. Und auch Bene Köpp, der zweite Spieler, der mit 65 Caps ein paar Länderspiele mehr auf dem Buckel hat, laboriert an einer Entzündung, die nicht weichen will (Nico Sonnenschein aus Berlin wäre wohl sein Ersatz). Das wird sicherlich nicht einfach für das unerfahrene deutsche Team in Amsterdam. Aber der kluge Mann baut vor und denkt auch an das Team Deutschland 2006.

Heute Nachmittag erst einmal wieder Weltmeister gegen Vizeweltmeister in Krefeld. Ein Wort noch zu Neuss. Walther Lonnes und seine Helfer hatten gestern eine mustergültige Veranstaltung trotz der Ferien auf die Beine gestellt. Schon von der Autobahn ab Hinweisschilder zum Stadion. Farbige Programmflyer mit den Mannschaftsaufstellungen. Vor dem Spielfeld ein richtiges großes Promodorf mit ca. 15 Zelten, in denen Hockeyequipment und Labsal feilgeboten wurden. 900 Zuschauer, Eingangszeremonie mit chic gedressten Neusser Hockeykindern in ihren Vereinsfarben sorgten für ein Umfeld, das auch die weltmeisterlichen Junx mehr als verdient haben. Kannst Du nicht häufiger Länderspiele ausrichten, Walther? Er bedient sich dabei immer wechselnden Elternschaften der Jugendmannschaften. Und wie man nicht nur in Neuss erleben kann: So etwas zu organisieren, macht richtig Spaß. Der in der Wechselwirkung dann auch bei den Teams ankommt. Danke, HTC Schwarz-Weiss Neuss


Bleiben Sie uns verbunden –

HockeyHerzlichst

  Foto: Dieter Reinhardt (info@direvi.de)

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Foto: Dieter Reinhardt (info@direvi.de)

Clemens Arnold, Björn Emmerling und Philip Crone mit der Hallen-EM-Trophäe


Foto: Herbert Bohlscheid (www.sportfoto.tv)

Jamilon Mülders war nach dem Gewinn des WM-Titels Ziel mancher Autogramm-jäger


Foto: Dieter Reinhardt (info@direvi.de)

Mannschaftsarzt Dr. Andreas Neuking mit Oliver Domke bei der WM 2002 in Kuala Lumpur


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Dr. Michael Green mit seiner Mutter bei der WM 2002 in Kuala Lumpur


Foto: Dieter Reinhardt (info@direvi.de)

WM 2002 in Kuala Lumpur - Philip Crone mit Fans und heißgeliebter Schokolade



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