Villa Hügel
„Ich gelobe, dass ich während der Trainingszeit allen Lebensgenüssen entsage.“ Dieser besondere olympischen Eid stammt nicht, wie viele vielleicht argwöhnen, von unserem Käptn (hockeyherzliche Grüsse an die vereinten Kippenzähler), sondern war Teil des Eides, den die deutschen Athleten (im Übrigen auch „ganz im deutschen Geiste“) für die Olympischen Spiele 1936 leisten mussten. Wir fanden das Gelöbnis heute morgen im Archiv der Villa Hügel, unterschrieben von Alfried von Bohlen und Halbach, der 1936 als Segler zu olympischen Ehren (und auch Bronzemedaille) kam. „Es waren auch nur sechs Boote am Start“, wie Archivar Dr. Stremmel, der uns heute morgen durch die schlossgleiche Villa Hügel führte, mokant anfügte. Ein kurzer Rundgang von 1 ½ Stunden durch ein herrliches Anwesen in einem wunderschönen Park, direkt über dem Baldeneysee, von den Krupps seit 1873 hier bewohnt und vom Firmengründersohn Alfried geplant und prachtvoll auf einem ehedem kahlen Hügel angelegt. Wenn es hier keinen Wald gibt, dann muss man eben einen kaufen, das Kruppsche Lebensmotto und so wurden „fertige Laubbäume“ aus dem gesamten Ruhrgebiet mit Pferd und Wagen hier hergebracht und angepflanzt. Mehr als ein Jahrhundert deutsche Geschichte am Beispiel der Villa Hügel und der Familie Krupp wurden uns so sehr anschaulich näher gebracht. Eine willkommene Abwechslung im Trainingslager-Einerlei. Hatten sich die Junx aber auch verdient nach dem wieder sehr gelungenen Spiel gestern gegen die Hollies. Auch wenn Teun de Nooijer nicht dabei war, der aber in Athen wieder mitspielen wird. Für ihn kam gestern der nicht für die Spiele nominierte Piet Hein Geeris zum Einsatz.
Tibor - die 200.
Dabei war, wie eigentlich immer, der Dauerbrenner und Dauerläufer Tibor Weißenborn, der mit seinen jungen 23 Jahren sein 200 Länderspiel absolvierte. Am 24.3.99 war er das erste Mal – natürlich gegen die Niederländer, und wie morgen in Amstelveen – für Deutschland am Start. Und seitdem gab es eigentlich kein Länderspiel mehr ohne hin. Immer dabei bei jedem Lehrgang - vom Anfang bis zum Ende. In jedem Spiel, es sei denn, der Bundestrainer gewährt ihm mal eine schöpferische Pause (was vielleicht zweimal vorgekommen ist). Auch im Spiel immer unterwegs. Ein Perpetuum mobile des Hockey. Nicht müde zu kriegen. Hervorragend seine Fähigkeit, die Vorhaben des Gegners zu antizipieren. Dabei hilft natürlich auch die Routine von 200 „caps“. Geradezu traumwandlerisch sicher läuft er inzwischen in vollem Tempo in den Abspielversuch des Gegners hinein, nimmt den Ball, wo auch immer er ihn gerade erwischt, mit und sucht sofort den nächsten Mitspieler. Ganz selten einmal, dass er ball- und selbstverliebt den nach ihm benannten Weißenborn-Kreisel spielt. Wenn gar nichts mehr geht, 360°-Drehung, und auf einmal liegt die Hockeywelt neu vor ihm. Als Lehrfilm für alle Kinder müsste man drehen, was passiert, wenn er – was nur selten passiert – den Ball verliert. Kehrtwende auf der Stelle und hinter dem Gegner her. Fast immer jagt er ihm den Ball wieder ab. Blind sein Verständnis mit Björn Michel auf der rechten Seite. Ohne Blickkontakt weiß der eine, wohin er zu laufen hat, wenn der andere den Ball hat und todsicher kommt auch das wohl temperierte Abspiel. Auch gestern wieder ein ganz großes Spiel des Berliner Sportstudenten und Ur-BHCers. Mit gutem Blick der Freischlag in den freien Raum am Schusskreisrand zum heraneilenden Witti (Matthias Witthaus), der spektakulär einschoss. Dieser Spielwitz, das Spielverständnis, das schnelle Erkennen und Nutzen einer Situation bei Tibor sind sicherlich der Grund, weshalb Freischlag-Papst Stephan Decher gerade ihn zum Erstausführenden bei Standard-Freischlägen auserkoren hat. Wünschen wir, dass Tibor auch in Zukunft verletzungsfrei durchs Hockeyleben kommt. Denn auch davon ist er bisher (toi, toi, toi) verschont geblieben. Ad multos 200, Tibor.
Viel Erfolg...
wünschen wir den Juniorinnen und Junioren in Dublin und Nivelles. Wir wollen Euch im Endspiel sehen.
Bleiben Sie uns verbunden –
HockeyHerzlichst
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