Nr. 254 - 11. Juli 2006

   

Darf's ein bisschen mehr sein



An dieser Stelle wurde er schon mindestens zweimal portraitiert. Einmal habe ich die Demut des Bankdrückens herausgestellt. Er hat wohl die meisten Länderspiele aller deutschen Nationalspieler auf der Bank verbracht, ohne sich dafür eine Länderspielkerbe in seinen Schläger schnitzen zu dürfen. Denn nur, wer einmal während des Spiels die weißen Außenlinien kreuzt, erhält dafür auch ein „cap“. Und ich habe seine Rolle beschrieben, wie er mustergültig als zweiter Coach von der Bank fungiert, anfeuert, sich engagiert, das Spiel liest, mit Haut und Haaren bei der Sache ist. Von Christian Schulte, unserer derzeitigen Nr. 1 (so steht es auf seinem Trikot, ohne dass ich hier eine Entscheidung des Bundestrainers vorwegnehmen will) ist die Rede. Trotz der vielen Länderspiele, in denen er nicht zum Einsatz kam (seitdem ich dabei bin, seit 2001, war es min. 100 x der Fall) hat er es in den 10 Jahren seiner Karriere doch auf 90 Länderspieleinsätze gebracht und liegt damit an sechster Stelle der ewigen Torhüterrangliste, die Christopher Reitz mit 154 Einsätzen anführt (interessant, dass fast alle Spitzentorhüter 10 Jahre das DHB-Tor hüteten, ob sie nun Schliemann, Reitz, Knauth oder Bassemir heißen. Nur Rott stand 12 Jahre im DHB-Tor mit 100 Länderspielen). Aber das nur nebenbei.

Ich wollte Ihnen eigentlich die berufliche Seite Christian Schultes vorstellen, der seit 2002 versucht, in seinem Beruf als Unternehmensberater für den Bereich Marketing – Vertrieb ebenso erfolgreich zu sein wie im Sport. Gerade am Beginn einer solchen Karriere schier unmöglich, denn die Unternehmen fordern den ganzen Mann. So auch sein Arbeitgeber, die Firma Mercuri International. Aber dank des Verständnisses seiner Chefs, Dr. Matthias Huckemann (ehemaliger Handball-Bundesligaspieler und bekennender BVB-Fan) und Holger Dannenberg ist ihm das Hockeyengagement gestattet. Natürlich mit finanziellen Einbußen, für die teilweise und dankenswerter Weise die Stiftung Deutsche Sporthilfe einsteht. Und mit vielen persönlichen Einschränkungen (5 Tage Urlaub dieses Jahr). Wie kriegt er das trotzdem hin? Denn die Kunden, die sich an einen renommierten Unternehmensberater wenden, wollen trotzdem gut bedient sein (und können ihren Geschäftserfolg nicht von den Länderspielterminen der deutschen Hockeynationalmannschaft abhängig machen). Gelernt ist gelernt. Wie für alle seine Teamkollegen ist Zeitmanagement eine herausragende Kunst. In den Wochen, in denen sich nun eine Woche Lehrgang mit ein paar Tagen Heimaturlaub abwechseln, will alles geplant sein. Am ersten Arbeitstag nach einem Lehrgang Verwaltungsarbeiten und Telefonat, dann werden schon wieder die nächsten Workshops vorbereitet, die anschließend donnerstags und freitags stattfinden. Und danach geht es wieder zum nächsten Hockey-Lehrgang, auf dem er für seine Kunden gleichwohl telefonisch und per E-Mail zu erreichen ist. Das Angebot bleibt häufig ungenutzt. Denn die Kunden sind in der hockeyfreien Zeit so auf ihren Weg gebracht worden, dass eigentlich alles von selbst laufen müsste. Man merkt ihm auf den Lehrgängen gleichwohl an, wie engagiert er auch hier ist. Die Arbeit für sein Unternehmen, die gerade anstehenden Aufgaben beschäftigen ihn auch vor und nach den Trainingseinheiten. Wenn man ihn erzählen hört, ist es wie beim Hockey: mit Haut und Haar…

Darf's ein bisschen mehr sein...

Worin berät er seine Kunden? Er machte mir das an einem Beispiel klar, das sehr anschaulich war. In dieser Anschaulichkeit besteht wohl auch sein Erfolg bei seinen workshops. Neulich an der Wursttheke bei einem Einkauf entschied er sich nach Zögern vor der Vielfalt der Putenbrustangebote („option paralism“) für die Variante mit der Honigmarinade. Darauf die Verkäuferin, „dann ist bestimmt auch die Putenbrust mit der Spargelkruste etwas für Sie! Wie viele Scheiben möchten Sie?“ Schueti entschied sich für 5 Scheiben, gab 2,50 € mehr aus. Und hatte ein wunderbares Beispiel für seine Schulungen. Wenn allen Kaisers-Verkäuferinnen dieses bei 20 Kunden tagtäglich in jeder der 1000 und mehr Filialen gelänge, wie viel Mehrumsatz ergäbe sich allein aufgrund dieser kleinen Veränderung bei der Fragestellung? Ganz typisch Schuetis Ansatz und der seiner Firma. Was können wir aus Verhaltensweisen und Organisationsformen anderer lernen, um den eigenen Unternehmenserfolg zu verbessern, den Vertriebserfolg des Mercuri-Kunden zu erhöhen? Hier liegt Schuetis Aufgabe. Nicht in der Schulung der Wurstverkäuferin, sondern der Vertriebsmitarbeiter im Geschäftskundenbereich (B-2-B-Business nennt man das neudeutsch). Zusammen mit seinen Chefs hat er auch analysiert, was man von Spitzensportlern lernen kann, um den Vertriebserfolg zu erhöhen. Von unserer Organisation und Planung und auch den kleinsten Details. Von einem Team von Spezialisten, die allesamt am „Unternehmenserfolg“ Weltmeisterschaft arbeiten? Die Mercuri-Chefs, im Gespräch mit Schueti und Bernhard Peters, fanden eine Reihe übernehmenswerter Anregungen. Welche für Sie wichtigen Details möchten Sie noch erfahren – oder darf’s ein bisschen mehr sein?


Bleiben Sie uns verbunden –

HockeyHerzlichst

  Foto: Dieter Reinhardt (info@direvi.de)

Björn Michel und Christoph Bechmann 1999 beim Gewinn des Europameister-Titels


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