Schwärmen
Diese Erlebnisse sind es wert, allerlei persönliche Belastungen auf sich zu nehmen. Du glaubst das Spiel sei gelaufen, um schnell bei den Junx zu sein, trägst Du schon 3:3 ins Spielprotokoll für den dha-Bericht ein, noch vier Sekunden zu spielen. Die Australier geben erstaunlicherweise den Ball frei, Einschlagen durch Björn Emmerling auf Höhe des Schusskreises, volles Brot in den Kreis und der gewünschte spanische Fuß wird buchstäblich in letzter Sekunde der letzten Minute getroffen. Das einzige Mal, das einer der beiden spanischen Schiedsrichter (unter Herrn Adell werden wir heute auch zum fünften Mal im sechsten Spiel leiden müssen. Ein Wunder, dass er nicht auch gegen Spanien angesetzt wurde. Der pfeift nicht richtig schlecht, aber unausgewogen.) auf Ecke für Deutschland entscheidet. Die Spielzeit ist abgelaufen, alle 10 Feldspieler am australischen Schusskreis versammelt. Und dann haben wir ja unseren Zells. Der hat uns schon 2003 als 18-Jähriger (am nächsten Tag wurde er 19) den entscheidenden 7m im EM-Endspiel in Barcelona gegen Spanien verwandelt. Und der war auch gestern nervenstark. Oben links, nahe am Pfosten zappelte sein mächtiger Schlenzer im Netz. In wenigen Sekunden fand sich die ganze Mannschaft in der rechten Spielfeldecke im Freudentanz.
Unglaubliches war geschehen. Sowohl in diesem Match mit Höhen und Tiefen, stets wechselnden Führungen, als auch in diesem Turnier. Bernhard Peters hat es wieder geschafft, in kürzester Zeit seit Athen ein internationales Spitzenteam zu formen (das wird auch von den internationalen Beobachtern hier mit Anerkennung konstatiert). Das jeden Gegner in der Welt schlagen kann und stabil genug zu sein scheint, das auch über die Dauer eines schweren Turniers zu schaffen. Gerade in den Schlussphasen war die deutsche Mannschaft immer am Drücker. Da hat sich wieder eine wundervolle Mischung aus Jung und wenig Alt entwickelt. Mit Führungsspielern wie Philipp Crone oder Tibor Weißenborn, die den Ton angeben. Mit einem Björn Emmerling, der gestern vorbereitend an allen Toren beteiligt war. Mit den Weltklassestürmern Matthias Witthaus (für mich bester Spieler des Turniers) und Christopher Zeller (der besonders unter den einseitigen Entscheidungen der Schiris zu leiden hat). Und Carlos Nevado, der wie kein Zweiter nach vorn wie nach hinten arbeitet. Und alle anderen stehen denen in nichts nach. Jeder kämpft für den anderen, das Zusammenspiel wird immer besser, der Wechsel der verschiedenen Aufbau- und Defensivspiele ist für den Gegner verwirrend und für die Junx selbst immer weniger.
Die WM kann kommen
Schade, dass Sie daheim davon so wenig mitbekommen. Immerhin ist Eurosport mit guten Bildern und Dauertonberieselung dabei. Aber – wie Bernhard Peters gestern Abend fast resignierend feststellte – nicht ein einziger deutscher Journalist hier vor Ort. Das hat es früher nicht gegeben. Bei Pressekonferenzen nach dem Spiel allenfalls zwei höfliche Fragen englischer Journalisten. Deutsche Spieler werden gar nicht erst vorgeladen. Die spanischen Medien und die spanische Öffentlichkeit sind an Hockey nicht interessiert. In der hiesigen Tageszeitung von Sabadell (15 Autominuten von Terrassa entfernt) nicht einmal die Ergebnisse. Die Zuschauerzahl mickrig. Beim gestrigen Spiel Spanien gegen Holland waren die orangefarbenen holländischen Zuschauer in der Überzahl.
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