Tour der Leiden
Fahrräder standen gestern auf dem neuen und gewöhnungsbedürftigen Leipziger Kunstrasen (tief wie eine Moorwiese). Hat Bernhard Peters angesichts des erneuten Rückfalls von Jan Ullrich umdisponiert? Oder wollte er nur tagesaktuell trainieren lassen? Das nähere Hinsehen schien auf eine Fehlkonstruktion zu deuten. Die Pedale fehlten. Und das mit guter Absicht. Es waren eher Laufräder und das im besten Sinne. Das richtige Laufen sollte geschult werden. Wie vor mehr als hundert Jahren der schwäbische Tüftler Drais die Draisine erfand, so hat der Athletik-Trainer Rainer Zorn aus Duisburg zur Stärkung der hinteren Oberschenkelmuskeln ein Laufrad erfunden und für sich patentieren lassen, das im Rollerstil fortbewegt wird und die Sprintfähigkeit entwickeln soll. Trotz der Tour der Leiden, die die Junx gestern Abend schon hinter sich hatten, war sofort wieder Wettkampfstimmung, als es rund um die Laufbahn der ATV-Anlage im Rollerrennen ging. Buddy Biederlack erwies sich hier als souveräner Rollerkönig in der kleinen Tour.
Immer wieder zieht Bernhard Peters Spezialisten heran, die einen zusätzlichen Trainingsimpuls geben können oder neue Horizonte eröffnen. So machen die Stürmer zur Zeit mit großer Begeisterung bei unserem australischen Torschuss-Trainer Andrew Meredith mit, der sie neue Schusstechniken lehrt und vor allem zum schnellen Handeln im Kreis anregt. „Das bringt etwas“, der einhellige Tenor aller Stürmer. Und die können es eigentlich schon richtig gut. Wenn man so sieht, was Witti und Zelz (ich soll ja keine Spitznamen verwenden, also Matthias Witthaus und Christopher Zeller), die sich auch im Zusammenspiel geradezu blind verstehen, oder auch Florian Keller hier an Torschüssen demonstrieren. Ein Augenschmaus.
Die große Tour der Leiden hatte gestern Morgen um 7.00 Uhr begonnen. Mal wieder so ein richtiger Nato-Rallye-Tag, wie die Junx ihn nennen. Morgenlauf, Stabilisation. Gleich nach dem Frühstück ab zum Training. Eine besondere Tor-Tour zur Zeit in Leipzig. Drei Stunden verbrachten wir gestern bei drei Trainingseinheiten allein auf Leipzigs gesperrten und umgeleiteten Straßen. Zwei Stunden Training, Essen und ab für eine Stunde Mittagsschlaf (der wegen der Bauarbeiten im Hotel nicht zu finden war) ins Hotel. Für vier Leute stattdessen Doping-Kontrolle. Nach dem Schlaf ab zum Training, eineinhalb Stunden lang und wieder ab durch Leipzigs dicke und dichte Mitte. Kurze Zwischenmahlzeit, dann eine Stunde Besprechung mit unserem Psychologen Hans-Dieter Hermann, die noch verlängert wurde, weil die Junx auch im Kopf noch aktiv waren. Abendessen und dann aber nichts wie zum Training. Die Laufräder warteten. Und danach noch einmal zwei Stunden „richtiges Training“. Spätmahlzeit um 22 Uhr im Hotel. Jetzt wissen Sie einmal wieder, warum es so reizvoll ist, Nationalspieler zu sein. Und sie werden es nicht glauben, im abschließenden Spiel 8 gegen 8 waren die Junx heiß wie immer, wollten gewinnen und hatten ihren Spaß an geilem Hockey, gelungenen Kombinationen und klasse Toren.
Die Tour der Leiden geht leider für unseren Käptn Timo Weß weiter, den seine Gehirnerschütterung gestern weiter ans Bett bindet. Auch heute war er nur für ein paar Schritte vor der Tür. „Mir ist so langweilig“, klagte er gerade eben. Da hilft selbst die Tour-Berichterstattung im Fernsehen nicht darüber hinweg. Dann doch lieber eine eigene Tour der Leiden, so wie sie die Junx gestern erfolgreich überstanden.
Bleiben Sie uns verbunden –
HockeyHerzlichst
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