Lahore - live und in Farbe
Hupe hat schon einiges berichtet. Zielgruppen orientiert nun auch meine Sicht der Dinge bei der „bodyguard-guided tour“. Wie bekannt können wir keinen Schritt ohne unsere streng dreinschauenden Bewacher mit der MP um den Hals tun. Die hatten nun gestern auch Ausgang und wohl behütet ging es zunächst durch die Nachmittags-Rushhour der 7,5-Millionen-Stadt auf Stadtrundfahrt. Ich liebe das Treiben hier auf den Strassen. Es stinkt zwar bestialisch nach Auspuffqualm der vielen Moped-Zweitakter. Selbst den Einheimischen ist der Auspuff-Dreck wohl zu heftig, sie tragen teilweise Atemmasken. Die Verkehrspolizisten allesamt. Aber für die Augen ein Schmaus. Man weiß gar nicht, wohin man zuerst schauen soll. Eselskarren neben Truck, dann die Unzahl von Fahrrädern, Mopeds, Mopedtaxis, bunt geschmückte Busse, an denen Trauben von Menschen auch außerhalb kleben. Alles was Räder hat, ist unterwegs. Zumeist hoch bepackt. Umzüge und Geschäftstransporte scheinen nur auf Mopeds vollzogen zu werden. Genau so bunt das Leben am Straßenrand. Ein unendliches Band von kleinen Lädchen zieht sich dahin. Und davor noch einmal Fahrrad-Verkaufsstände, Tische mit irgendeinem Gut, mit dem vielleicht noch ein Geschäft zu machen ist. Ein pulsierendes Leben. Unermessliche Vielfalt.
Das Fort Lahore ist eine alte Befestigungsanlage, fertig gestellt 1670, die dem jeweiligen Schah als Schloss diente. Mit tollen Parks und Erholungsanlagen darin, natürlich einem Harem. Architektonische Meisterleistungen früherer Kulturen, unglaublich was dort damals bereits erdacht wurde und wie es bautechnisch umgesetzt wurde. Leider wurde vieles zerstört oder (von den "bösen Indern" für ihren Goldenen Palast) einfach gestohlen. So der Juwelen-Schmuck mancher Freizeitanlage). Die Unesco hat das Bauwerk zum Weltkulturerbe erklärt und rekonstruiert es nun. Das dauert sicherlich noch ein Jahrzehnt. Hier wird einmal eine Attraktion künftiger Touristenströme wiedererstehen. Vom Fort schaut man hinüber zur ebenso alten Imperial Moschee, der – nach Bekunden unseres Führers – größten Moschee der Welt (aber das habe ich auch anderswo schon gehört). Der 100000 Gläubige fassende Innenraum ist aber nicht überdacht.
Zurück in den Verkehr der Hauptstadt der indisch-pakistanischen Region Punjab (= fünf Wasser). Die indische Grenze ist nur 25 km von hier. Man benötigt, um hier im Verkehr zu bestehen, drei Dinge: good horn, good brake und good luck. Aber es passiert trotz der Fahrweise der Pakistani wenig. Vorfahrt hat immer, wer vorn ist. Egal, von welcher Seite er kommt. Und dem passen sich alle Verkehrsteilnehmer an. Erstaunlich, dass es funktioniert. Letzter Punkt unseres Rundfahrtprogramms der Bazar der alten Stadt. Kilometerlang kleine Geschäfte (manchmal eher als Stall zu kennzeichnen) nebeneinander. Hier gibt es alles. Und jeder versucht, sein Geschäft zu machen. Vor den Geschäften oft Ziegen- oder Schafe am „weiden“. Alter Krimskram hier und im Laden gleich daneben hightech des 21. Jahrhunderts. Eine bunte, sehenswerte Mischung über mehrere Quadratkilometer. Voller Menschen. Hier kauft der Einwohner Lahores. Denn Supermärkte oder Malls, die es sonst überall in Asien gleichmacherischen Einzug gehalten haben, haben hier noch nicht Oberhand gewonnen. Und zwischen all den Einkäufern und Fußgängern immer wieder stinkende Mopeds, Eselsgespanne, Autos. Unter Polizeigeleit machten wir uns in dem dichten Gedränge an die Besichtigung. Die Frage, wer eigentlich wen besichtigt. Als Europäer erregen wir ohnehin Aufmerksamkeit. Eltern fragen, ob ihre Sprösslinge uns guten Tag sagen und die Hand geben dürfen. Und wer es sonst nicht bemerken würde. Unsere hoch bewaffneten Polizeiseskorten schieben jeden Einheimischen beiseite, damit er uns ja nicht "terroristisch" zu nahe kommt. Auch im Fort Lahore wurden selbst Schulklassen um Aufbruch gedrängt, damit wir ungefährdet besichtigen konnten. Nun also wir Besichtigungsobjekt. Trotz allem hoch spannend. Nie zuvor habe ich eine so bunte Welt erlebt.
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HockeyHerzlichst
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